Sollen Krankenkassen weiterhin für homöopathische Arzneien aufkommen? Diese Frage taucht regelmäßig Sommer für Sommer auf, so auch jetzt. In diesem Jahr vorgebracht von Johannes Vogel, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP, der mit dieser Idee das große Finanzdefizit der gesetzlichen Krankenkassen beheben möchte. Von Skeptizisten der Anti-Homöopathie-Kampagne werden diese Vorstöße reflexhaft gefeiert. Reaktionen auf den Vogel-Vorstoß zeigen, dass die Homöopathie-Debatte noch lange nicht entschieden ist:

  • Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, auf Twitter: „Die GKV gab 2021 für homöopathische Arzneimittel sieben Mio. € bzw. 0,012 % der Arzneimittel-Ausgaben insgesamt aus. Das ist so viel wie ~43 Minuten der stationären Versorgung kosten. Gerne über Pro & Contra Homöopathie diskutieren, aber nicht als Scheinlösung des 17-Mrd.-Euro-Problems.“
  • Bayern: In der Debatte über die angespannten Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen wenden sich Gesundheitsexperten von CSU und Freien Wählern gegen Rufe, die Homöopathie als Kassenleistung zu streichen.
  • Die Grünen schließen sich der Forderung Vogels nicht an, sie fordern aber angesichts des Milliardendefizits in der Krankenversicherung auch von den Herstellern homöopathischer Arzneimittel einen Solidaritätsbeitrag.
  • Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) warnt, dass die Streichung der Homöopathie als Kassenleistung zu einer weiteren Spaltung innerhalb der Gesellschaft führen würde: einerseits diejenigen, die sich Homöopathie auch aus eigener Tasche leisten können, und andererseits diejenigen, denen das durch Streichung der Kassenleistung zukünftig verwehrt würde. „In einer Zeit gesellschaftlicher Brüche brauchen wir aber nicht mehr, sondern weniger Spaltung!“
  • Meinolf Stromberg, Vorsitzender des BPH: Homöopathie ist eine freiwillige Kassenleistung, für die sich viele Patient:innen ganz bewusst entscheiden. Den größten Teil der Kosten in Praxis und Apotheke zahlen Versicherte und sparen der Solidargemeinschaft so viele Kosten. Wird Homöopathie aber gestrichen, müssen Millionen von Versicherten alternativ mit konventionellen Arzneien zu Lasten der GKV behandelt werden.

Die Bevölkerung steht zur Homöopathie als Kassenleistung

Bereits im Mai hatte INFAS, ein Institut für Markt- und Sozialforschung, im Auftrag der ZEIT die Bevölkerung zu ihrer Haltung zur Homöopathie als Kassenleistung befragt. Die Ergebnisse – veröffentlicht am 20. Juli 2022 – sind deutlich: rund zwei Drittel der Deutschen sprechen sich für die Erstattung homöopathischer Arzneimittel aus. Ergebnisse im Überblick

  • Gesamt: 62 Prozent stimmen für Ja – 29 Prozent mit Nein
  • Frauen: 53 Prozent Ja / 22 Prozent eher Ja
  • Männer: 30 Prozent Ja, 18 Prozent eher Ja

Versorgung: Homöopathie überzeugt in der Praxis

Die Securvita Krankenkasse hat die Daten von 15.700 Versicherten, die mindestens drei Jahre lang regelmäßig bei homöopathischen Kassenärzten in Behandlung waren, auswerten lassen. Verglichen wurde diese Gruppe mit Versicherten, die keine Homöopathie in Anspruch nahmen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen:

Die Homöopathie zeigt im Versorgungsalltag bei ausgewählten Erkrankungen gegenüber rein konventionellen Therapien eine bessere Wirkung und Wirtschaftlichkeit.

Homöopathie Patienten im Vorteil

  • Kinder erhielten seltener Antibiotika. Besonders auffällig erwies sich dies bei Kleinkindern ab der Geburt: Mit homöopathischer Behandlung sank die Zahl der mit Antibiotika behandelten Kleinkinder im dreijährigen Untersuchungszeitraum um 16,7 Prozent, während sie in der Vergleichsgruppe um 73,9 Prozent stieg. Kleinkinder mit Allergien, Neurodermitis und Asthma profitierten gegenüber der Vergleichsgruppe besonders von der homöopathischen Behandlung.
  • Auch bei Erwachsenen zeigten sich deutlich positive Effekte im Sinne sinkender Morbidität und damit einhergehender Verbesserung der Lebensqualität. So verringerte sich beispielsweise bei krebskranken Patienten und Mehrfacherkrankten der Einsatz von Schmerzmitteln im Verlauf der homöopathischen Behandlung, während er in der Vergleichsgruppe wuchs.
  • Die Analyse von Krankenhausdaten zeigte ebenfalls Vorteile der homöopathischen Behandlung: So ging beispielsweise die Zahl der Krankenhauseinweisungen bei Erwachsenen mit Depressionen im Lauf der homöopathischen Behandlung um 9,8 Prozent zurück. Im Vergleich dazu stiegen die Hospitalisierungen in der konventionell behandelten Vergleichsgruppe um fast 32,6 Prozent.
  • Bestätigt wurde dies bei der Entwicklung von Arbeitsunfähigkeitszeiten, die durch Depressionen ausgelöst wurden und wirtschaftlich sehr relevant sind. Sie gingen im Verlauf der Homöopathie-Behandlung um 16,8 Prozent zurück, während die Fehlzeiten bei den rein schulmedizinisch behandelten Patienten um 17,3 Prozent stiegen.

Fazit: “Die Studie zeigt: Eine konsequente homöopathische Behandlung durch gut ausgebildete Ärzte ist von großem volkswirtschaftlichem Nutzen.” Meinolf Stromberg