In jedem Hustensaft, jeder Kopfschmerztablette und jeder Hautsalbe sind eine Reihe sogenannter Füllstoffe. Die auch als Arzneiträgerstoff bezeichneten Stoffe sollen physiologisch gut verträglich und gleichzeitig biologisch inaktiv sein - oder nur in verschwindend geringem Maß im Körper reagieren. Die in Medikamenten hinzugefügten Füllstoffe dürfen demnach selbst keinerlei medizinische Wirkung haben. Ausnahmen gibt es nur für Stoffe, die die beabsichtigte Wirkung des Medikaments unterstützen. Als „inert“ wird diese inaktive Eigenschaft in der Fachsprache bezeichnet.

Insgesamt 3.300 gängige Hilfsstoffe, die als inert gelten, haben Forscher*innen der University of California in San Francisco nun genauer untersucht. Das Team um Joshua Pottel testete mit Hilfe eines Computerprogramms, ob es Wechselwirkungen auf molekularer Ebene gibt. Alle Arzneiträgerstoffe wurden mit mehr als 3.000 Proteinen, die in menschlichen Zellen vorkommen, überprüft. Die Forscher stellten fest, dass 69 davon durchaus Bindungen mit den Proteinen eingehen würden.

Die Forscher wollten im nächsten Schritt wissen, ob diese Bindungen auch zu biologischen Wirkungen führen können. Sie untersuchten mit Hilfe von Labortests, welche der 69 Füllstoffe mit menschlichen Zellkulturen oder bestimmten menschlichen Enzymen reagierten. Das Ergebnis überraschte: 38 der 69 getesteten Stoffe zeigten die Fähigkeit, solche Bindungen einzugehen.

Genaue Wirkungen sind noch unklar

Die Ergebnisse sind nicht damit gleichzusetzen, dass diese Stoffe giftig oder gesundheitsschädlich wirken, betonen die Forscher*innen. Sie weisen jedoch auch darauf hin, dass weitere Untersuchungen in diesem Bereich nötig sind. Denn einige dieser Stoffe werden auch in Nahrungsmitteln, Getränken oder Kosmetik verwendet. Das kann dazu führen, dass sich die Wirkung der Füllstoffe in den Arzneien mit den alltäglich zugeführten addiert. Vor allem für Menschen, die viele Medikamente einnehmen müssen, könnten durch die vermeintlich inaktiven Arzneimittelfüllstoffe unangenehme oder sogar bedenkliche Nebenwirkungen entstehen. Die Forschenden rufen deshalb dazu auf, die 38 ermittelten Füllstoffe genauer zu überprüfen. Gleichzeitig fordern sie, diese vorsichtshalber schon jetzt in betroffenen Medikamenten auszutauschen.

Für die Epidemiologin Mady Hornig von der Columbia University, die nicht an der Arbeit beteiligt war, ist die Studie ein Grundstein für weitere Forschungen in diesem Bereich. „Es unterstreicht den Ruf, den so viele von uns seit so langer Zeit haben, sich all die verschiedenen Stoffe anzusehen, die wir unseren Körper zuführen“, wird Hornig vom „The Scientist“ zitiert.