7. Juli 2021 - Inspiriert von der traditionellen Medizin, die Präparate aus Sonnenblumen (Helianthus annuus) als schmerzstillendes und entzündungshemmendes Mittel einsetzt, entwickelte ein Forscherteam einen Ansatz, wie man sich diese Wirkungen als wirksames Schmerzmittel zunutze machen könnte. Wichtig war den Forscher*innen dabei, dass das Mittel eine ähnlich starke Wirkung wie bei der Behandlung mit Opiaten hat, dabei aber weder abhängig macht noch berauschend wirkt.

Opiate sind chemische Verbindungen, die auf dem Schlafmohn stammenden Opium basieren. Diese binden an einen sogenannten μ-Opioid-Rezeptor an den Nerven und im Gehirn und blockieren auf diese Weise die Schmerzweiterleitung. Gleichzeitig gibt es bei der längeren Behandlung damit die Gefahr der Abhängigkeit. Bei der Einnahme hoher Dosen besteht zusätzlich das Risiko einer Atemlähmung.

Mittel ohne gefürchtete Nebenwirkungen

Die Forscher*innen machten sich nun auf die Suche nach einem Mittel, das zwar die Schmerzweiterleitung blockiert, gleichzeitig aber keine Nebenwirkungen hat. Bereit bekannt ist der sogenannten Kappa-Opioid-Rezeptor (KOR), der eng verwandt mit μ-Opioid-Rezeptor ist. Findet man ein Mittel, das an KOR bindet, könnte man die Schmerzleitung blockieren, ohne Abhängigkeiten oder sogar Atemlähmungen zu riskieren. Doch man weiß auch, dass die Bindung von Mitteln an Kappa-Rezeptoren im Gehirn zu Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, negativen Emotionen oder Halluzinationen führen kann.

Die Wissenschaftler überlegten sich deshalb, nach einem Wirkstoff zu suchen, der die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann und deshalb nur an den Kappa-Opioid-Rezeptoren im Körper andockt. Sie wurden bei Extrakten der Sonnenblume fündig. Ganz konkret bei dem Eiweiß mit der Bezeichnung Sonnenblumen-Trypsin-Inhibitor-1, kurz SFT-1.

Ein aussichtsreicher Kandidat

In einem weiteren Schritt wurden insgesamt 19 Eiweiße nach dem Original-Bauplan von SFTI-1 chemisch-optimiert und pharmakologisch getestet. "Eine dieser Varianten erwies sich als unser Top-Kandidat als mögliches neuartiges Schmerzmittel, besonders für Schmerzen im Magen-Darm-Trakt oder in den peripheren Organen. Dieses Peptid ist äußerst stabil, hochpotent und wirkt restriktiv in der Körperperipherie. Daher sind bei Anwendung auch weniger der typischen Nebenwirkungen von Opioiden zu erwarten", erklären Christian Gruber und Edin Muratspahić laut einer Mitteilung der Medizinischen Universität Wien.

Die Wissenschafter*innen gehen davon aus, dass aus diesem Peptid in Zukunft ein sicheres Medikament gegen Schmerzen im Magen-Darm-Trakt entwickelt werden kann. Es könnte zudem als Tablette verabreicht werden und beispielsweise bei entzündlichen Darmerkrankungen oder chronischen Bauchschmerzen zum Einsatz kommen. Doch bis dahin sind noch eine Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen nötig.
Die Erkenntnisse sind das Resultat einer internationalen Studie an der Wissenschaftler*innen des Instituts für Pharmakologie der Medizinischen Universität Wien, der University of Queensland und der Flinders University Australien zusammengearbeitet haben. Die Untersuchungsergebnisse wurden im Fachjournal "Medicinal Chemistry" veröffentlicht.