19. September 2023 - Alter ist keine Frage der Lebensjahre, sondern der Einstellung, heißt es oft. Doch das ist leichter gesagt als getan, wenn der Körper einem Grenzen setzt und vielleicht auch der Kopf nicht mehr ganz so zuverlässig ist wie früher. Mit Prävention sollte man daher schon möglichst in jungen Jahren beginnen, sagen Experten und raten zu einem Dreiklang aus gesunder Ernährung, geistiger und körperlicher Aktivität sowie sozialen Kontakten.

Nichts spricht dagegen, auch noch mit 80 mit den guten Vorsätzen anzufangen. Nach dem Motto „es ist nie zu spät“ kann jeder einigermaßen gesunde Mensch etwas an seiner Ernährung ändern und für etwas mehr Bewegung im Alltag sorgen.

Doch in einem Punkt tun sich ältere Menschen besonders schwer: Es sind die sozialen Kontakte. Im Alter müssen Verluste von Ehepartnern, Freunden, Geschwistern und Bekannten und manchmal sogar der eigenen Kinder hingenommen werden. Neue Menschen kennenzulernen, ist aber alles andere als einfach, wenn man nicht mehr 20 ist.

Soziale Isolation ist ein Problem, das sich erheblich nachteilig auf die körperliche und seelische Verfassung auswirken kann. Das Spektrum reicht von Depression und Angsterkrankungen über Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, immunologischen Störungen bis hin zu einem verfrühten Tod. Laut dem Berliner Stressforscher und Psychiater Prof. Mazda Adli leiden vor allem jüngere Erwachsene und Menschen über 80 Jahren „überdurchschnittlich häufig an Einsamkeit“. Nur dürfte es im Alter eben noch schwerer sein, der Isolationsfalle zu entkommen.

Gemeinsam statt einsam

Eine Studie aus Japan unterstreicht nun, wie wichtig soziale Einbindung ist, um Gebrechlichkeit im Alter hinauszuzögern. Das Forscherteam von der Osaka Metropolitan University verglich die Daten von älteren Menschen, die entweder gemeinschaftliche Tagesangebote besuchten oder von einem persönlichen Assistenzdienst zu Hause unterstützt wurden. Alle Personen befanden sich zu Studienbeginn im Übergang zu einem leichten Pflegestadium. Nach fünf Jahren wurde geschaut, wie sich ihre körperliche Verfassung entwickelt hatte.

Die Auswertung zeigt, dass gemeinschaftliche Tagesangebote das Risiko der Gebrechlichkeit um bis zu 40 Prozent vermindern konnten. Der persönliche Assistenzdienst hingegen konnte das Stadium der Gebrechlichkeit nicht beeinflussen oder verzögern.

Die Zugehörigkeit zu einer Peer-Group – also einer Gruppe Gleichaltriger – ist also nicht nur für Jugendliche wichtig, sondern auch und gerade für ältere Menschen. Man befindet sich auf Augenhöhe, unterhält sich, macht etwas gemeinsam und teilt im Zweifel Hobbies und Interessen – das scheint nach der Studie wichtiger für gesundes Altern zu sein als die professionelle Unterstützung bei den täglichen Aufgaben.

Wer vor die Tür geht, ist aktiver

Die Ergebnisse legen jedoch noch eine weitere Vermutung nahe: Wer die eigenen Wände verlässt, bewegt sich auch mehr und ist aktiver und darum weniger gebrechlich. „Gerade für ältere Personen ist es wichtig, einen Grund zu haben, um aus dem Haus zu gehen“, weiß Cornelia Mahler, Pflegewissenschaftlerin an der Universität Tübingen. So seien nicht nur soziale Kontakte für die Gesundheit sehr wichtig. „Es ist auch die soziale Teilhabe, die in allen Lebensphasen eine hohe Bedeutung für die Gesundheit hat“, so Mahler gegenüber der Tagesschau.

Soziale Teilhabe bedeutet nichts anderes als in einer Gruppe einbezogen zu sein. Das kann – wie die Studie zeigt – über organisierte Tagesangebote für Senioren funktionieren. Es gibt aber auch die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden, indem man einen Kurs besucht, ein Ehrenamt übernimmt oder sich in einer sozialen Gemeinschaft wie einer Partei oder Kirchengemeinde engagiert.

In Berlin informieren ehrenamtliche Besuchsdienste Menschen, die von sozialer Einsamkeit betroffen sind, über entsprechende Angebote im Bezirk. Bundesweit gab es im Juni 2023 die erste Aktionswoche „Gemeinsam aus der Einsamkeit“. Das Projekt wird vom Bundesfamilienministerium im Rahmen der Strategie gegen Einsamkeit gefördert, mit der man „Einsamkeit stärker sichtbar und ihr aktiver entgegenwirken“ will. Eine Landkarte mit Anlaufstellen für einsame Menschen im gesamten Bundesgebiet bietet das „Kompetenznetz Einsamkeit“ auf seiner Internetseite.

ham

(c) Foto via Unsplash: Matt Bennett