13. April 2022 - Resilienz ist der Begriff, an dem in den letzten Jahren niemand mehr vorbeigekommen ist. Doch was verbirgt sich hinter diesem etwas geheimnisvoll daherkommendem Wort? Und wieso ist es gerade jetzt so wichtig, die eigene Resilienz zu stärken? weil's hilft! gibt Antworten. 

Erst eine weltweite Pandemie mit Maßnahmen, die zuvor keiner für möglich gehalten hatte. Und dann auch noch ein Krieg in Europa, der alle Grundwerte erschüttert - verrückte Zeiten. In der Fachsprache wird das, was die Menschen gerade erleben, als Krisenpermanenz bezeichnet. In herausfordernden Zeiten wie diesen ist es wichtig, nicht zu verzweifeln, sondern aktiv etwas für sich und die eigene Gesundheit zu tun, speziell für die psychische Gesundheit. 

Dabei können verschiedene Modelle zur Resilienz als Rahmen für das eigene Training helfen. Doch was ist diese Resilienz eigentlich?  "Resilienz ist sehr schnell ein Riesenbegriff geworden. So schnell, dass es bis heute keine Einigkeit über eine Definition gibt", schreibt Professorin Magdalena Bathen-Gabriel dazu. Resilienz wird oft auch mit seelischer Widerstandskraft oder als Immunsystem der Psyche gleichgesetzt.

Eigenschaft, Prozess oder Konstrukt?

Während einige Forscher*innen Resilienz als ein Merkmal oder eine Eigenschaft einer Person betrachten, stimmen gegenwärtige andere Resilienzforschende darin überein, dass Resilienz viel mehr als ein Prozess beziehungsweise als Konstrukt zu verstehen ist, der/das sich aus mehreren Parametern zusammensetzt. Alle Parameter zusammen können Menschen stärken, um auf Probleme und Veränderungen im Leben mit Stärke zu reagieren. Das bedeutet: Die Person kann ihr Verhalten an die neue, belastende Situation anpassen – und im besten Falle sogar gestärkt aus der Krise herausgehen. Resilienz mit Widerstandsfähigkeit gleichzusetzen, greift also zu kurz. 

Hierzulande hat sich das Modell der Sieben Säulen der Resilienz verbreitet. Dieses Modell basiert auf den Forschungen von Karen Reivich und Andrew Shatté, die sie in Ihrem Buch "The Resilience Factor: 7 Keys to Finding Your Inner Strength and Overcoming Life’s Hurdles" veröffentlicht haben.

Der R-Faktor 

Wir greifen auf die Ausarbeitungen von Micheline Rampe zurück, die in ihrem Buch: "Der R-Faktor – Das Geheimnis unserer inneren Stärke" genau erklärt, wie man die Stärkung der eigenen Resilienz angeht. Für die Autorin ist Resilienz die Fähigkeit, optimal mit Krisen, Misserfolgen, Niederlagen und traumatischen Erfahrungen umzugehen.  

Die Sieben Säulen der Resilienz  

  • Optimismus:  Wer eine Krise bewältigen möchte, der sollte fest daran glauben, dass Krisen zeitlich begrenzt sind und überwunden werden können. 
  • Akzeptanz: Die schwierige Situation sollte angenommen werden. Ja, man hat eine Absage bekommen! Erst, wenn man den schmerzlichen Tatsachen ins Auge geblickt hat, kann man weitere Schritte unternehmen. 
  • Lösungsorientierung: Optimismus und Akzeptanz führen zum nächsten Schritt. Es gilt zu überlegen: Was sind mögliche Lösungen für die gegenwärtige bedrohliche Situation? Aber auch: Wie gehe ich mit dem Stress um, der eine akute Krise begleitet? 
  • Die Opferrolle verlassen: In die Opferrolle zu schlüpfen, ist verführerisch. Irgendwann jedoch gilt es, sich auf seine Stärken zu besinnen, die Realität angemessen zu interpretieren und wieder auf die Füße zu kommen. 
  • Verantwortung übernehmen: Zu resilientem Verhalten gehören die Bereitschaft und die Reife, Verantwortung für das eigene Tun zu übernehmen. Wichtig ist aber auch die Entscheidung, sich nicht zum Sündenbock zu machen.  
  • Netzwerkorientierung: Wichtig ist ein stabiles, soziales Umfeld. Um dieses aufzubauen und zu pflegen, empfiehlt sich aktives Networking.  
  • Zukunftsplanung: Der Versuch, sich durch gute Vorbereitung gegen die Wechselfälle des Lebens zu schützen. Unter anderem gilt es, das berufliche Entwicklungspotential realistisch einzuschätzen.

Zu den sieben Säulen liefert Rampe auch sieben Schlüssel zur Resilienz, die klare Handlungsanweisungen beinhalten:  

  1. Gedanken beachten: Unsere Gedanken sind dafür verantwortlich, wie wir uns fühlen. Welche Gedanken lösen in schwierigen Situationen Unwohlsein aus? Wie realistisch sind sie? Eine wichtige Technik ist es, die Gedanken aufzuschreiben und genau zu untersuchen. 
  2. Denkfallen identifizieren: Häufig lassen wir uns immer wieder am selben Punkt von einem hilfreichen Denkmuster abbringen. Wer sich zum Beispiel nach einem Fehlschlag prinzipiell allein die Schuld gibt, fühlt sich schwach und kraftlos. Solche Denkfehler gilt es zu identifizieren und zu korrigieren. 
  3. Glaubenssatz aufspüren: Jeder hat Vorstellungen davon, wie ein Mensch sich zu verhalten hat und wie Dinge gemacht werden sollten. Dies beeinflusst das Denken, Handeln und Fühlen eines Menschen. Häufig sind sie starr und wenig förderlich. Sie sollten daher aufgespürt und auf ihre Gültigkeit überprüft werden. 
  4. Problemlösungskompetenz trainieren: Jeder sollte überprüfen, wie er Probleme analysiert und Lösungsmöglichkeiten sucht. Es ist hilfreich, dass man die Situation realistisch einschätzt und sich nicht zu starr auf einen Lösungsweg fixiert. 
  5. Katastrophendenken stoppen: Wer immer gleich an das Schlimmste denkt, lähmt sich in kritischen Situationen selbst. Es gilt daher, furchterregendes "Wenn-dann" Denken zu stoppen und sich stattdessen einen Plan zur Krisenbewältigung zu machen.  
  6. Beruhigen und fokussieren: Wer sehr aufgeregt ist, hat selten die Kraft und Ruhe, die notwendige Gedankenkontrolle zu halten. Es ist daher wichtig, eine wirkungsvolle Entspannungstechnik für sich zu finden. 
  7. Resilienz in Echtzeit praktizieren: Integrieren Sie die Techniken in den Alltag. Ersetzen Sie schädliche Gedanken durch angemessene Gedanken. Wer sich z.B. immer sagte: „Immer geht alles schief“, hält dagegen: „Ich habe in meinem Leben schon vieles erreicht“