12. Juli 2023 - Was kann ich für Sie tun? So oder so ähnlich beginnen die meisten Arztgespräche. Gut beraten, wer jetzt wohl überlegte Antworten parat hat und seine Anliegen auf den Punkt bringen kann. Denn im Hintergrund tickt die Uhr und Zeit für langes Nachdenken bleibt nicht: Nur knapp acht Minuten dauert im Durchschnitt ein Arzt-Patienten-Gespräch in deutschen Sprechzimmern, wie die Universität Cambridge 2002 in einer Untersuchung herausgefunden hatte. Neuere Zahlen gibt es nicht, doch da heute von einer „Drei-Minuten-Medizin“ die Rede ist, dürfte die Gesprächsdauer inzwischen noch deutlich kürzer sein.

Dass die sprechende Medizin hierzulande zu kurz kommt, steht außer Frage. Eine aktuelle Untersuchung von Infratest dimap im Auftrag der ARD ergab: Gut ein Fünftel der Bundesbürger meint, der Arzt habe ihrem Anliegen nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt. Bei den jüngeren Patientinnen und Patienten bis 34 Jahre ist es sogar jeder Dritte. Das ist natürlich schlecht für das Vertrauensverhältnis und für die Versorgung. Auch viele Ärztinnen und Ärzte wünschen sich mehr Zeit für ihre Patienten, haben sie aber nicht, weil das Wartezimmer voll und nach Feierabend noch viel Papierkram zu erledigen ist.

Kommunikation muss mehr Raum bekommen

„Dieses Hamsterrad, in dem sich Ärzte wie Patienten befinden, muss dringend angehalten werden“, sagte Prof. Ferdinand Gerlach der Stiftung Gesundheitswissen. Nur wenn „Raum“ dafür vorhanden sei, gut zu informieren und auch gut zuzuhören, könnten Arzt und Patient kooperieren und gemeinsam die richtigen Entscheidungen treffen. „Das führt dann auch zu besseren Behandlungsergebnissen“, so der Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main und ehemalige Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen.

Zeitmangel ist aber nicht das einzige Problem, das die Kommunikation im Sprechzimmer erschwert. Ein Großteil der praktizierenden Ärztinnen und Ärzte hat sich noch nie mit dem Thema professionelle Arztgespräche beschäftigt. Erst seit 2012 wird die Arzt-Patient-Kommunikation im Medizinstudium gelehrt und ist seither Teil der abschließenden Staatsprüfung. Da die Lehre aber oft sehr theoretisch und wenig praxisnah ist, sieht Gerlach die Mediziner auf ihrem Weg in den Arztberuf noch nicht hinreichend auf eine gute Kommunikation vorbereitet. „Hier muss sich etwas ändern.“

Gute Vorbereitung ist das A & O

Da Patientinnen und Patienten dieses Problem nicht auflösen können, bleibt ihnen nur eins: Sich bestmöglich auf das Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt vorzubereiten. Damit in der wertvollen Zeit nichts vergessen wird, sollten sie sich vorher Notizen machen:

  • Was ist der Grund meines Besuchs?
  • Seit wann habe ich die Beschwerden? Wann werden sie schlimmer, wann besser?
  • Welche Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel nehme ich ein?
  • Welche Voruntersuchungen gibt es? Unterlagen mitbringen.
  • Welche Begleiterkrankungen habe ich?

Alle Fragen notieren, die man geklärt haben möchte

Nun machen viele Patienten die Erfahrung, dass Ärzte gerne viel reden und sie selbst kaum zu Wort kommen. Kommunikationsexpertin Doris C. Schmitt von der Stiftung PATH rät:

  • Sofort nachfragen, wenn ich etwas nicht verstanden habe. Und dranbleiben, bis wirklich alles klar ist.
  • Wer den Arzt nicht unterbrechen möchte, kann sich Fragen, die während des Gesprächs auftauchen, auch notieren. Zum Beispiel Fragen nach Nebenwirkungen, den Erfolgsaussichten, der Dauer der vorgeschlagenen Therapie oder nach Behandlungsalternativen.
  • Notizen während des Gesprächs sind immer ein hilfreiches Mittel, da viele Informationen sonst vergessen werden.
  • Bei komplexeren Gesprächen einen Angehörigen mitnehmen.

Ein gutes Arzt-Patienten-Gespräch erfordert also eine gute Vorbereitung, aber auch etwas Mut. Doch wer nachhakt und Fragen stellt, handelt im eigenen Interesse. Und das ist legitim. „Ärzte stehen häufig unter Zeitdruck, dafür können sie nichts“, sagt Schmitt. „Trotzdem hat der Patient ein Recht auf die volle Aufmerksamkeit des Arztes – auch wenn das Wartezimmer voll ist.“

Quellen: Stiftung Gesundheitswissen, Gesundheitsstadt Berlin

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