04. Mai 2021 - Die Einführung der elektronischen Patientenakte läuft an. Die digitale Datenspeicherung beruht auf der Grundlage des sogenannten Terminservice- und Versorgungsgesetzes, das von Gesundheitsminister Jens Spahn vorangetrieben worden war. Sie soll das Leben von Patient*innen erleichtern und die Arbeit von Ärzt*innen optimieren. Tatsächlich gibt es in der Bevölkerung jedoch jede Menge Vorbehalte gegen diese Art der Datenspeicherung. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Deutschen Psychotherapeuten Netzwerkes (DPNW) in Zusammenarbeit mit der Universität Bonn.

An der zweiten Befragung zur Akzeptanz der ePA beteiligten sich insgesamt 642 Personen im Zeitraum von Dezember 2020 bis März 2021. 86 Prozent lehnen einer Mitteilung der DPNW zufolge, die zentrale Speicherung ihrer Gesundheitsdaten ab. "Damit bestätigt sich der Trend der ersten Umfrage", sagt Dr. Uwe Kleinemas, Evaluationsforscher an der Universität Bonn und wissenschaftlicher Begleiter der Umfrage. Bei der ersten Umfrage, die ein Jahr zuvor durchgeführt worden war, sprachen sich 89 Prozent der Umfrageteilnehmer*innen gegen die ePA aus.

Misstrauen ist hoch

Hauptargument sei das Misstrauen der Menschen gegenüber einer Speicherung ihrer Gesundheitsdaten außerhalb der Arztpraxen. Zudem sähen die Befragten keinen Nutzen für sich. Patient*innen und Behandler*innen fühlten sich zudem entmündigt, heißt es weiter. Besonders besorgniserregend: 83 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass sie ihren Ärzten und Psychotherapeuten bei einer elektronischen Speicherung ihrer Daten weniger anvertrauen würden als bisher. 84 Prozent der Befragten lehnen zudem einen Einblick in die ePA durch Betriebsärzt*innen ab. 90 Prozent gaben an, Angst vor Datenmissbrauch zu haben. 86 Prozent lehnte die Nutzung ihrer Daten zu Forschungszwecken ab. Sie wollen vorher gefragt werden.

Ärzt*nnen fürchten in Anbetracht der Ergebnisse nun um das Vertrauensverhältnis zu ihren Patient*innen. "Das ist ein gravierender Schaden, der nur schwer wieder gutzumachen ist," resümiert Kleinemas. Und auch Dieter Adler, DPNW-Vorsitzender findet in Anbetracht der Ergebnisse klare Worte: "Die elektronische Patientenakte soll als Lösung des vermeintlichen Digitalisierungsrückstandes im Gesundheitswesen verkauft werden. Das ist vollkommener Unsinn: Keine Arztpraxis schreibt Daten noch auf Pappkarten oder hört mit dem Holzstethoskop die Herztöne ab, ein EKG, das mit zuckenden Nadeln die Daten auf einen Streifen schreibt, findet man nur noch im Museum der Medizingeschichte."

Gesundheitscloud zur Datenspeicherung

Der Begriff "elektronische Patientenakte", solle die eigentliche Absicht verschleiern, die Daten zentral in der Gesundheitscloud zu speichern. "Ärzte, die "Nein" dazu sagen, werden als Fortschrittsverweigerer diffamiert. Dabei nehmen sie Ihren Beruf nur ernst und machen sich Sorgen um die Schweigepflicht und das Arzt-Patient-Verhältnis. Die Vertreter der IT-Industrie werden als Helden gefeiert, obwohl fast nichts funktioniert und ständig Daten gestohlen werden oder offen im Netz stehen. Für das Desaster kommen jetzt die Versicherten auf", so Adler weiter. 

Von den 642 Personen, die an der Umfrage teilnahmen, waren 68 Prozent Frauen, 31 Prozent Männer und 1 Prozent diversen Geschlechts. 80 Prozent der Teilnehmer war im Alter zwischen 31 und 65 Jahren und 82 Prozent gab als höchsten Schulabschluss die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife an.