Petra Voiß ist Internistin und Ärztin für Naturheilverfahren am KEM, den Evang. Kliniken Essen-Mitte. Zum heutigen Weltkrebstag hat sie für weil’s hilft! Fragen zur Integrativen Onkologie beantwortet. Sie selbst lebt ganz nach dem Motto: In der Ruhe liegt die Kraft und hält die Kombination von Schul- und Naturmedizin für eine wechselseitige Bereicherung. Ihre Top Vier für die Gesundheit: Vollwertkost, erholsamer Schlaf, regelmäßige Bewegung und ein liebevolles Umfeld.

 

Was bedeutet Integrative Onkologie? 

Die Integrative Onkologie kombiniert wissenschaftlich geprüfte naturheilkundliche Therapien mit der evidenzbasierten etablierten Onkologie. Durch den Einsatz von Integrativer Onkologie können Symptome gelindert, die Lebensqualität verbessert, die psychische Gesundheit gestärkt und eine gesundheitsfördernde Lebensweise gefördert werden.

 

Was gehört alles dazu? 

Zu den Verfahren der Integrativen Onkologie zählen im Wesentlichen die Mind-Body-Medizin (MBM), Pflanzentherapie, Akupunktur, Massagen und Nahrungsergänzungsmittel. Das Therapiespektrum der MBM reicht von gesundheitsfördernder Lebensstilveränderung durch Bewegung und Ernährung, über multimodale Gruppenprogramme, wie zum Beispiel Mindfulness-based Stress Reduction (MBSR), bis hin zu einzelnen Methoden und Techniken, wie zum Beispiel Yoga, Qigong, Tai Chi, Meditation, Progressive Muskelentspannung, Imagination und Hypnose.

 

Wie sieht das an einem konkreten Beispiel aus?

Leidet eine Patientin beispielsweise unter einer Erschöpfung und einem gestörten Schlaf während der onkologischen Therapie informieren wir über wirksame Therapiemöglichkeiten und erstellen mit der Patientin gemeinsam ein Therapiekonzept. Abhängig von den Vorlieben und Bedürfnissen der Patientin empfehlen wir Yoga oder Tai Chi, Ausdauer- und Krafttraining, Akupunktur, Akupressur und evtl. auch Misteltherapie. Von diesen Verfahren wissen wir, dass sie sich positiv auf Schlaf und Erschöpfung auswirken. Unbedingt berücksichtigen wir Wechselwirkungen mit der onkologischen Therapie, wenn wir pflanzliche Präparate in Erwägung ziehen.

 

Wie arbeiten sie als Ärztin in der Integrativen Onkologie und an was forschen sie gerade? 

Ich visitiere stationäre Patientinnen mit Brustkrebsdiagnose z.B. nach der Operation, betreue ambulante onkologische Patienten und sehe Patienten unter Systemischer Therapie in einem Gruppensetting, die wir auch mitbetreuen und behandeln. Ich forsche zu Akupunktur in der Therapie von Schlafstörungen, da ca. 30 bis 50 % der Frauen mit Brustkrebserkrankung unter einem gestörten Schlaf leiden und forsche zu der Sicherheit von Akupunktur in der Onkologie.

 

Welchen Nutzen haben Krebspatienten, wenn sie sich integrativmedizinisch behandeln lassen?

Sie profitieren von einer besseren Lebensqualität, haben weniger Nebenwirkungen und erhalten Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung. Viele Patienten fühlen sich ihrer Erkrankung und den Folgen ausgeliefert und möchten selber aktiv werden und zu ihrer Genesung beitragen. Sie sind häufig verunsichert und sind auf der Suche nach qualifizierten Informationen und Handlungsempfehlungen. 

 

Gibt es Krebsarten bei denen sie besondere Erfolge beobachten können? 

Für Frauen mit Brustkrebserkrankung können wir viele Empfehlungen zu wirksamen Therapien auf Grund einer guten Studienlage und unserer Erfahrung geben. Wir gehen davon aus, dass die Ergebnisse der Studien übertragbar sind auf Patienten mit anderen Tumorerkrankungen. Aus unserer Erfahrung profitieren alle onkologischen Patienten gleichermassen.

 

Wie könnte die Integrative Onkologie noch besser in der medizinischen Versorgung verankert werden, damit mehr Patienten profitieren? Was bräuchte es dazu?

Es bräuchte dringend eine Finanzierung durch die gesetzlichen Krankenkassen, insbesondere da der Nutzen belegt ist. Ein Krankenhaus kann sich MBM Therapeuten, Sportwissenschaftler, Ernährungswissenschaftler, naturheilkundlich geschulte Ärzte  die Patienten z.B. während der Chemotherapie beraten, behandeln und mit Ihnen trainieren nicht leisten, wenn die Kosten nicht getragen werden.

Mehr von Petra Voiß zum Thema Integrative Onkologie bei Brustkrebs gibt es in diesem Video