Auslöser für immunologische Erkrankungen?

Wissenschaftler der englischen Forschungseinrichtung Clinical Practic Datalink Research gingen der konkreten Frage nach, ob die Einnahme von Antibiotika bei Patient*innen auch noch Jahre später eine Rheumatoide Arthritis (RA) auslösen kann. Dabei handelt es sich um die häufigste entzündliche Gelenkserkrankung, bei der Betroffene vor allem schubweise und meist an den Fingern und Händen unter geschwollenen, schmerzenden und deformierten Gelenken leiden. Sie zählt zu den chronischen Autoimmunerkrankungen, bei welchen das Immunsystem körpereigenes Gewebe angreift.

Dafür verglichen sie in einer bevölkerungsbezogenen Fall-Kontroll-Studie 22.677 Patient*innen mit der immunbedingten Gelenksentzündung mit über 90.000 Probanden ohne diese Erkrankung in einem Zeitraum von rund 10 Jahren. Im Ergebnis zeigte sich zunächst, dass vor allem frühere Infektionen der Atemwege mit einer Rheumatoiden Arthritis zusammenhängen. Jedoch erhöhte sich das Risiko im Durchschnitt um 60 Prozent, wenn mit Antibiotika behandelt wurde, insbesondere mit der Wirkweise speziell für Lungeninfektionen. Darüber hinaus war es auch relevant, wie lange das Antibiotikum eingenommen wurde und wie viele Monate bzw. Jahre die letzte Gabe zurücklag.

Wiederum zentral: das Mikrobiom

Den Grund für das erhöhte Risiko nach einer Antibiotikatherapie führen die Forscher auf ungesunde Veränderungen in der Darmflora durch die Medikation zurück. Gehäufte bzw. lang andauernde Einnahme von Antibiotika führen demnach nicht nur zu kurz- und mittelfristigen Nebenwirkungen, die vor allem den Darm, die Haut bzw. Schleimhäute, Genitalorgane und Lunge betreffen, sondern können auch Jahre später immunologische Nachwirkungen haben, die sich z.B. an den Gelenken zeigen. Um die genauen Mechanismen besser zu verstehen und herauszufinden, welche Risikofaktoren und Spätfolgen einer Atemwegsinfektion zugrunde liegen, sprachen sich die Wissenschaftler für weitere Studien aus.

Zusammenhang zu Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa

Einen weiteren wissenschaftlichen Fund meldet das schwedische Karolinska Institut aus Stockholm Mitte August. Die Ergebnisse dieser ebenfalls großen bevölkerungsbezogenen Studie untermauern, dass das Auftreten chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen, wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, durch Antibiotika begünstigt werden könnten. Vor allem, wenn Menschen (häufiger) Breitbandantibiotika einnehmen.

Fazit

Je länger eine Therapie dauert und je breiter das Wirkspektrum eines Antibiotikums, desto stärker die Auswirkungen auf das Mikrobiom. Um unerwünschte Wirkungen für Mensch und Umwelt so gering wie möglich zu halten, ist es unabdingbar, dass Antibiotika nur verordnet werden, wenn sie die einzige Option sind und die Therapiedauer so kurz wie möglich gehalten wird. Naturmedizin kann helfen, das Immunsystem zu stärken. So können leichtere Infekte auch ohne Antibiotikagabe bewältig werden.

Quellen

TheLancet.com, 17. August 2020
BMC Medicine, 7. August 2019