01. Juni 2021 - Als Haut- und Mundpflegemittel oder direkt zum Einnehmen: Produkte mit Cannabidiol liegen im Trend. Sie sollen eine Reihe positiver Wirkungen auf die Gesundheit haben und sind zu einem echten Life-Style-Artikel geworden - für das man tief in die Tasche greifen muss. Doch wie sicher diese Mittel sind und ob sie auch wirklich helfen, ist bisher nicht belegt.

Tatsächlich kommen Inhaltsstoffe des Hanfes seit einigen Jahren als verschreibungspflichtige Arzneien zum Einsatz. Von den bisher 113 identifizierten verschiedenen Cannabinoiden, sind vor allem zwei von besonderem medizinischen Interesse: Cannabidiol, kurz CBD und Tetrahydrocannabinol, kurz THC genannt. Beiden Stoffen werden günstige Wirkungen im menschlichen Körper zugeschrieben. Sie kommen beispielsweise bei Schmerzen, Essstörungen oder Nebenwirkungen von Chemotherapie zum Einsatz.

Einer aktuellen Untersuchung des Universitätsklinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) zufolge, könnte hochreines CBD auch bei bestimmten Tumoren im Gehirn helfen. Seit vielen Jahren ist bereits bekannt, dass bestimmte Zellen des Gehirns körpereigene Cannabinoide ausschütten. Diese dienen unter anderem zur Selbstverteidigung gegen sogenannte Glioblastome.

Aggressiver Tumor 

Glioblastome sind die häufigsten und zugleich bösartigsten Hirntumoren bei Erwachsenen. Allein in Deutschland erkranken jährlich etwa 4.000 Menschen daran. Die Prognosen der Patient*innen sind oftmals schlecht. Rund die Hälfte lebt nach der Diagnose durchschnittlich nur 16 Monate. Forscher*innen suchen deshalb dringend nach wirksamen Therapien.

Um herauszufinden, ob Cannabinoide auf diese Art des Hirntumors Einfluss haben, testeten das Forscherteam um Professor Rainer Glaß, Leiter des Labors für Neurochirurgische Forschung im Labor die Wirkung von hochreinem CBD. Das konnte in Form des bereits zugelassenen Epilepsiepräparats Epidiolex eingesetzt werden. An dafür präparierten Zellen von Mäusen und Menschen und beobachteten, wie die Tumorzellen darauf reagierten. Die Zellen wiesen dabei etliche Mutationen auf, die für Glioblastome typisch sind, schreiben die Forscher in einer Mitteilung der LMU.

Angriff auf die Tumorzellen

Zwei bis drei Tagen nach Gabe des Cannabidiols sahen die Forscher*innen, dass die meisten Glioblastomzellen abstarben. "CBD induziert den Zelltod bestimmter Glioblastome, es gibt aber auch Tumore, die nicht therapeutisch auf CBD ansprechen", erklärt Glaß laut Mitteilung. Zudem konnten die Forscher*innen ermitteln, "dass CBD einen Signalweg blockiert, der ansonsten Entzündungsreaktionen kontrolliert." Die Tumorzellen nutzen demnach diesen Signalweg, um immer weiter zu wachsen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse ist es den Forscher*innen gelungen, einen "Marker" zu identifizieren, der anzeigt, welche Glioblastome höchstwahrscheinlich auf CBD ansprechen werden und welche nicht.

Als nächster Schritt sind klinische Studien geplant, denn die Ergebnisse der Untersuchung liefern gute Voraussetzungen dafür: Epidiolex ist von den Zulassungsbehörden hinsichtlich seiner Arzneimittelsicherheit bereits abgesegnet. Die Substanz dringt gut ins Gehirn ein, was nur wenige Wirkstoffe überhaupt schaffen. Und die Substanz ist in der Regel so gut verträglich, "dass man sie sogar kleinen Kindern verabreichen kann," bestätigt Glaß und warnt gleichzeitig vor den vielen CBD-Produkten, die derzeit auf dem Markt kursieren.

Dem Biologen zufolge sei keines davon zu empfehlen:  "Man weiß nie, was man da bekommt, wenn man an Reinheit, Zusammensetzung und Konzentration des Wirkstoffes denkt", erklärt er. Zudem sei nur ein einziges Produkt namens Epidiolex von der Europäischen Arzneimittelagentur für eine medizinische Anwendung zugelassen - und zwar rezeptpflichtig für die Therapie schwerer kindlicher Epilepsien. Alle weit verbreiteten Meldungen über die "allgemein entzündungshemmenden und tumorunterdrückenden Wirkungen von CBD aus Nahrungsergänzungsmitteln sind sehr zweifelhaft", betont Glaß weiter. Die Ergebnisse der Forschenden wurden im Fachmagazin "Neuro-Oncology" veröffentlicht.