09. Februar 2023 - "Die menschliche Gesundheit ist seit Jahrtausenden untrennbar mit der Verwendung pflanzlicher Arzneimittel verbunden, was natürliche medizinische Ressourcen zu einem der ältesten Beiträge der Natur zum menschlichen Wohlbefinden macht", schreibt eine Forschungsgruppe bereits 2016 in ihrer Arbeit "Heilpflanzen – die nächste Generation". Nun werden diese beiden Sätze von Forschenden einleitend in einer aktuellen Studienarbeit zitiert, die im Fachjournal "The Lancet Planetary Health" veröffentlicht wurde. Bei dieser Arbeit geht es jedoch nicht nur um den Stellenwert von Heilpflanzen für den Menschen, sondern auch darum, wie sehr diese Pflanzen in Zukunft gefährdet sein werden. 

Das Team um Spyros Theodoridis vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt weist mit der veröffentlichten Studie darauf hin, wie wichtig die Erforschung von Heilpflanzen für die Menschheit ist und welche Gefahren für diese Heilpflanzen durch die Klimakrise besteht: "Heilpflanzen und ihre bioaktiven Stoffe bieten enorme Möglichkeiten für die zukünftige medizinische Versorgung der Menschheit - als eine naturbasierte, kostengünstige und effiziente Gesundheitsressource. Aber unser Wissen über sie ist immer noch ausschnitthaft", sagt Theodoridis laut einer Mitteilung des Forschungszentrums. "Von etwa 374.000 bekannten Pflanzenarten sind bislang nur 15 Prozent chemisch analysiert - und gerade einmal 6 Prozent wurden unter pharmakologischen Gesichtspunkten untersucht", resümiert der Wissenschaftler. 

Größeres Interesse

Das muss sich in den nächsten Jahren ändern. Aus diesem Grund wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Erforschung von Heilpflanzen systematisch vorantreiben. Tatsächlich ist das Interesse an Heilpflanzen und deren bioaktiven Inhaltsstoffen in den letzten Jahren gestiegen. Rasant weiterentwickelt haben sich außerdem die wissenschafltichen Möglichkeiten, diese zum Einsatz zu bringen. So konnten beispielsweise im Genom der Eibe diejenigen Gene identifiziert werden, die für die Synthese des in der Krebstherapie eingesetzten Stoffs Paclitaxel verantwortlich sind.

Gleichzeitig sind eine Reihe von Heilpflanzen durch den Einfluss des Menschen bedroht. Bewährte Gewächse wie beispielsweise der Sideritis, auch als Griechischer Bergtee bekannt und besonders häufig bei Erkältungen angewendet, stehe durch übermäßiges Sammeln vor dem Aussterben, schreiben die Forschenden. Gleichzeitig stelle für Tausende Menschen in den Ländern des Balkans das Sideritis-Sammeln derzeit die einzige Lebensgrundlage dar. Hier müsste die lokale Bevölkerung in die Entwicklung nachhaltiger, natürlichen Ökosystemen nachempfundener Anbaukonzepte einbezogen werden, regen die Forschenden an.

Weiteres Bedrohungspotenzial

Neben den direkten Eingriffen durch den Menschen gibt es weitere. Die Klima- und Biodiversitätskrise bedroht weltweit ganze Ökosysteme. "Die bioaktiven Pflanzenstoffe, die wir als Heilmittel einsetzen, erfüllen in der Natur spezifische Aufgaben in der Interaktion von Pflanze und Ökosystem", erklärt David Nogués Bravo vom Center for Macroecology, Evolution and Climate in Kopenhagen, der ebenfalls an der Studie mitgearbeitet hat. Diese reichen von der Bestäubung bis zur Bodenqualität. "Extreme Temperaturen, Dürreperioden und eine erhöhte CO2-Konzentration in der Atmosphäre können dieses komplexe Zusammenspiel stören." Klima- und Biodiversitätsforschung müssten zusammenarbeiten, um geeignete Schutzkonzepte zu schaffen.

"Unser Ziel ist es, Anstöße für die transdisziplinäre  globale Erforschung von medizinischen Pflanzen zu geben. So können wir in der Zukunft nicht weniger als eine nachhaltige Transformation der weltweiten Gesundheitsversorgung erreichen und die ‚medizinische Biodiversität‘ für kommende Generationen sichern," resümiert Theodoridis.

Wie pflanzliche Heilmittel eingesetzt werden können und bei welchen Beschwerden sie hilfreich sind, kannst du in unserer Rubrik: Aus der Apotheke nachlesen. 

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