22. April 2021 -Wussten Sie, dass in Kaffee, Kakao oder Sojaprodukten, die Sie im Supermarkt kaufen, jeweils ein kleines Stückchen Regenwald stecken? Auch wegen Rindfleisch, Möbeln oder Produkten mit Palmöl muss tagtäglich Tropenwald weichen. Die Umweltorganisation World Wide Fund for Nature, kurz WWF, hat den Zusammenhang von importierten Konsumgütern und der Abholzung von tropischen Regenwäldern untersucht und festgestellt: 16 Prozent aller Abholzungen, die im Zusammenhang mit gehandelten Konsumgütern stehen, gehen zulasten der Europäischen Union.

Für die Ergebnisse in dem aktuell veröffentlichten Bericht wurden Daten über Abholzung, beispielsweise aus Satellitenbildern, mit Daten des internationalen Handels im Zeitraum von 2005 bis 2117 abgeglichen.

Soja verschlingt die größte Fläche

Soja war, dem Bericht zufolge, mit einem Anteil von rund 31 Prozent der Fläche, der häufigste Grund für die Rodungen, gefolgt von Palmöl, für dessen Anbau rund 24 Prozent der Waldfläche weichen musste. Dahinter reihten sich Rindfleisch, Holzprodukte, Kakao und Kaffee ein. Von Abholzung wegen dieser Produkte betroffen seien vor allem Tropenwälder in Südamerika und Südostasien gewesen.

Laut WWF-Report gingen 2017 weltweit 16 Prozent der Abholzung von Tropenwald im Zusammenhang mit Handel auf das Konto von EU-Importen. Sie liegt damit auf Platz zwei der vom WWF erstellten "Weltrangliste der Waldzerstörer". Davor kommt China mit einem Anteil von 24 Prozent. Auf Platz drei landet demnach Indien mit 9 Prozent und auf Platz vier die USA mit 7 Prozent.

Deutschland liegt ganz vorn

Innerhalb der EU-Länder, zu denen im Untersuchungszeitraum auch noch Großbritannien gezählt wurde, ist Deutschland für die größte Abholzungsfläche wegen Importen verantwortlich. Den WWF-Angaben zufolge wurden dafür pro Jahr durchschnittlich 43.700 Hektar Wald gerodet. Das ist eine Fläche, die etwa halb so groß wie die Stadt Berlin.

Rechnet man allerdings den Importumfang nach Einwohnern, rutscht Deutschland auf der Liste auf Platz vier innerhalb der EU. Der meiste Wald pro Einwohner wurde für Importe in die Niederlande gerodet, dahinter reihen sich Belgien und Dänemark ein.

"Die Ära der Naturzerstörung muss enden, denn natürliche Ökosysteme wie Wälder sind unsere Lebensversicherung. Sie sind Klimaretter, eine Schatzkammer der Artenvielfalt und ein Bollwerk gegen künftige Pandemien", sagte WWF-Expertin für nachhaltige Lieferketten Christine Scholl. "Wir brauchen einen Paradigmenwechsel im globalen Handel: Produkte, die auf dem europäischen Markt landen, dürfen nicht auf Kosten von Natur und Menschenrechten produziert werden."

Der WWF fordert die Bundesregierung sowie die EU-Kommission auf, Verantwortung zu übernehmen und als Konsequenz aus dem Report für bessere und verbindliche Umwelt- und Sozialstandards in den internationalen Handelsbeziehungen zu sorgen. Die Bundesregierung solle sich innerhalb der EU für ein starkes EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten einsetzen.

Was Konsumenten tun können

Die Last der Verantwortung für den Erhalt der Tropenwälder will der WWF nicht auf die Schultern der Konsumenten laden. Es müsse vielmehr zu einer Selbstverständlichkeit werden, dass das, was man konsumiert nichts mit der Zerstörung des Planeten oder der Verletzung von Menschenrechten zusammenhänge, betonte die Hauptautorin des Berichts Anke Schulmeister-Oldenhove vom WWF. Dennoch könne jeder durchaus den eigenen Konsum und dessen Folgen hinterfragen. Durch eine Reduzierung von Fleischwaren beispielsweise kann jede/r zu einer Reduzierung von Treibhausgasen beitragen, wie weils hilft bereits berichtete.