Heuschnupfen, Stauballergie, Lebensmittelunverträglichkeiten: Immer mehr Menschen in Deutschland leiden darunter. Aus diesem Grund wird die Bundesregierung gleich mit zwei Anträgen zum Handeln aufgerufen.
Das Thema Allergie ist nicht nur als Krankheit bei rund 30 Prozent der Bevölkerung Deutschlands angekommen, sondern wird auch als echtes medizinisches und gesellschaftliches Problem bei einer Reihe von Parlamentarier*innen wahrgenommen. Auf Antrag sind deshalb am 25. November 2020 Abgeordnete zu einer Anhörung im Gesundheitsausschuss zusammengekommen, um ausgewählte Sachverständige gezielt zu diesem Thema zu befragen. Die befragten Expert*innen hatten bei der Anhörung drei Minuten Zeit, um den Stand der Dinge zu erläutern.
Den ersten Antrag auf der Tagesordnung des Ausschusses hatten die Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg, Michael Theurer, Grigorios Aggelidis und weitere Abgeordnete sowie die Fraktion der FDP gestellt. Er wurde mit "Allergien und Unverträglichkeiten wirksam vorbeugen und Therapien und Aufklärung verbessern" überschrieben. Er kann hier eingesehen werden.
Beim folgenden Antrag von den Abgeordneten Dr. Bettina Hoffmann, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Maria Klein-Schmeink und weiteren Abgeordneten sowie der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geht es darum, wie man "Die hohe individuelle und gesellschaftliche Belastung durch Allergien mit einem Aktionsprogramm reduzieren und die Versorgungssituation der Allergikerinnen und Allergiker verbessern" kann. Dieser Antrag ist hier einsehbar.
Mehr Aufklärung, mehr Prävention
Alle Antragsteller sind sich einig darüber, dass in Zukunft mehr für Allergiker, zur Aufklärung über und Prävention von Allergien getan werden muss. Sie fordern die Bundesregierung deshalb auf, zeitnah zu handeln und einen Gesetzentwurf dazu vorzulegen. Untermauert wurden die in den Anträgen dargelegten Argumentationen durch geladene Sachverständige, die im Ausschuss gehört wurden. Alexander Krauß von der CDU/CSU-Fraktion stellte seine Frage: "Wie beurteilen Sie die aktuelle Versorgungssituation der Patienten?" an Professor David Martin, der an der Universität Witten/Herdecke Inhaber des Lehrstuhls für Medizintheorie, Integrative und Anthroposophische Medizin ist.
Martin, der online zugeschaltet wurde, betonte zunächst, dass Betroffene derzeit viel besser geschult würden als früher. Das habe zur Folge, dass es insgesamt viel weniger Notfälle und auch dreimal weniger Todesfälle bei Erwachsenen und Kindern mit Allergien im Vergleich von vor 20 Jahren gibt. Desensibilisierungen bei Einzelallergenen seien vielfach erfolgreich. Jedoch fehle es an zahlreichen Interventionen für komplexe Formen der Erkrankungen, sowohl in der Klinik als auch in der Forschung, so Martin.
Multimodale Ansätze können Allergien rückgängig machen
"Asthma, Neurodermitis oder Heuschnupfen können durch integrativ-medizinische Behandlungen entscheidend gebessert werden. Es gibt sehr gute Ansätze zur Rekonstruktion gesunder Toleranz. Was mir in den Diskussionen oft fehlt, ist, dass diese Verhältnisse auch rückgängig gemacht und nicht nur symptomatisch behandelt werden können", betont Martin. Erfolgreiche multimodale Therapieansätze sollten unbedingt weiter erforscht werden. “Dazu gehörten: Ernährung, Psyche, Stressbewältigung, Kunst, Umfeldgestaltung, Bewegung, Atemtechniken, Probiotika, pflanzliche Medikamente, wie beispielsweise Bitterstoffe, die sich als sehr interessant erweisen", führt der Mediziner aus.
Zusammenfassend sei die Akutversorgung und das Symptommanagement besser geworden, aber es fehle an Ausbildung, Zeit und Anreizen, sich ganzheitlich mit diesem multifaktoriellen Erkrankungsspektrum in Klinik und Forschung auseinanderzusetzen. Gleichzeitig müsse man interprofesionell mit Hausärzt*innen, Fachärzt*innen, Ernährungsberater*innen etc. gemeinsam mit Betroffenen und Eltern zusammen einen Weg suchen, der oft viel Geduld und Ausdauer brauche, schließt Martin seine Ausführungen.
Die als "öffentliche Anhörung" des Ausschusses für Gesundheit angekündigte Veranstaltung wurde wegen der Corona-Pandemie als Kombination aus Präsenzsitzung und WebEx-Meeting durchgeführt. Sie fand ohne Publikum statt, kann aber von interessierten Bürger*innen in der Mediathek des Bundestages angesehen werden.