6. Oktober 2021 - Gesundheit fördern und erhalten, statt lediglich Krankheiten zu behandeln - ein Perspektivwechsel, der eine echte Chance für Veränderungen in unserem Gesundheitssystem bietet. Doch wie entsteht Gesundheit? Dieser Frage nach Entwicklung und Erhaltung von Gesundheit ist der Medizinsoziologe Aaron Antonovsky in den 1970er Jahren nachgegangen und hat das Konzept der Salutogenese entwickelt. Die Förderung von Gesundheitskompetenz steht dabei im Mittelpunkt.

Die Grundlagen des Konzepts "Salutogenese"

Der Fokus der Medizin lag lange fast ausschließlich auf der Entstehung von Krankheiten – das Modell der Pathogenese. Die Erhaltung der Gesundheit spielte in der Medizin lediglich eine untergeordnete Rolle. Antonovsky läutete durch sein Modell der Salutogenese einen Perspektivwechsel in der medizinischen Forschung und ärztlichen Praxis ein. Der Begriff Salutogenese setzt sich aus "salus" = Gesundheit / Wohlbefinden und "genese" = Entwicklung zusammen. Grundlegend für das Verständnis dieses Konzepts ist also die Frage, wie Gesundheit entsteht und wie sie bewahrt werden kann.

Eine wichtige Grundannahme dieses Konzepts ist, dass Menschen nie als gänzlich gesund oder krank eingestuft werden können. Gesundheit und Krankheit sind als zwei Pole des Lebens zu verstehen, zwischen denen sich Menschen fortlaufend bewegen. Gesundheit ist demnach ein Prozess, der durch verschiedene Faktoren und Ressourcen beeinflusst ist. Entscheidend für die Gesundheit sind verschiedene Risiko- und Schutzfaktoren. Dabei spielt das Selbstwertgefühl auf der psychischen Ebene eine entscheidende Rolle, ein stabiles Immunsystem als körperliche Voraussetzung. Als maßgeblicher Faktor für Gesundheit wird in diesem Modell sogar die gesamte Lebenssituation berücksichtigt, sodass stabile soziale Beziehungen ebenso berücksichtigt werden wie die vorhandenen materiellen Ressourcen. Die Stärkung der Gesundheitskompetenz findet auf allen Ebenen des menschlichen Lebens statt.

Gesundheit aktiv erhalten – Das Kohärenzgefühl

Gesundheit als ein aktiver Prozess bedeutet auf der persönlichen Ebene, ein tiefgreifendes Vertrauen in die eigenen Ressourcen und Fähigkeiten zu haben. Selbstwirksamkeit, also die Überzeugung, das eigene Leben meistern zu können, ist das entscheidende Element der Gesundheitsförderung im Bereich der persönlichen Ressourcen. Diese Fähigkeit, die eigenen Fähigkeiten zu erkennen und einzusetzen, wird als Kohärenzgefühl bezeichnet. Es bildet das Zentrum der Salutogenese und setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen:

  1. Verstehbarkeit: Die Fähigkeit einzelne Situationen und Lebensereignisse einordnen und analysieren zu können.
  1. Handhabbarkeit: Damit ist die innere Überzeugung gemeint, den Herausforderungen des Lebens begegnen zu können und dabei Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu haben.
  1. Sinnhaftigkeit: Den Lebensereignissen Bedeutung zuzuschreiben und seinen eigenen Handlungen einen Wert beizumessen sind entscheidende Faktoren für Zufriedenheit.

Fazit

Gesundheit und Krankheit sind keine passiven Zustände, sondern Prozesse des Lebens. Gesundheit aktiv zu erhalten, ist ein wesentlicher Aspekt der Salutogenese. Diese zentrale Säule einer neuen Sichtweise in der Medizin bindet Menschen aktiv ein und gibt ihnen Vertrauen in die vorhandenen Ressourcen. Zur Gesundheitsförderung zählt jedoch auch, während Krankheiten die gesunden Anteile anzuerkennen und vor allem zu stärken. Die Aktivierung von Ressourcen und Fähigkeiten der Patient*innen ist in der Medizin stärker zu berücksichtigen. Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit zu fördern bedeutet, Patient*innen zu selbstbestimmten Partner*innen in der ärztlichen Behandlung zu machen.