25. April 2023 - Hilft Naturmedizin auch digital? Heilkräuter muss man doch riechen, schmecken, auflegen, damit sie wirken, nicht im Handy von oben nach unten swipen. Dennoch: Naturmedizin geht durchaus auch digital! Komplementäre, und zum Teil uralte Verfahren wie die traditionelle Chinesische Medizin haben längst Blogs, Podcasts, Youtube-Tutorials und Social-Media-Kanäle erobert. Hinzu kommt der wachsende Markt an Gesundheits-Apps. Im Unterschied zu anderen digitalen Angeboten sind Apps in der Regel personalisierter, verfügen zum Beispiel über eine Erinnerungsfunktion oder dokumentieren die persönlichen Fortschritte.

Unter den naturheilkundlichen Apps sticht vor allem das riesige Angebot aus der Mind-Body-Medizin (MBM) heraus. Dieser integrative Ansatz geht davon aus, dass Körper, Geist und Seele eine Einheit bilden und sich durch Stressbewältigung und innere Achtsamkeit sowohl seelische als auch körperliche Beschwerden lindern lassen. Ob dies nun mit Meditationen, Achtsamkeitsübungen, progressiver Muskelentspannung, autogenem Training, Qi Gong oder Yoga geschehen soll, ist persönliche Geschmackssache. An digitalen Anwendungen mangelt es jedenfalls nicht. Neben Apps fürs Smartphone gibt es auch online-Kurse im Netz, in denen man die verschiedenen Techniken erlernen kann. Unter den Anbietern sind mittlerweile auch viele Krankenkassen.

Meditier dich gesund

Ein Beispiel ist die App 7Mind für mehr Entspannung. Die von dem ehemaligen PR-Manager und heutigen Zen-Lehrer Paul J. Kohtes entwickelte App enthält hunderte verschiedene Meditationen, darunter auch Spezial-Meditationen etwa zum Einschlafen. Zudem bietet die App einen 7x7 Minuten Grundlagenkurs zum Erlernen der Meditationstechniken, also einen theoretischen Teil. Wie bei so vielen Apps ist eine Grundversion gratis, die restlichen Funktionen kosten. Die Barmer zahlt ihren Versicherten das Abo. 7Mind bietet außerdem vier verschiedene Präventionskurse an, die von weiteren Krankenkassen bezuschusst werden.

Richtig Heilfasten

Auch Menschen, die sich für gesunde Ernährung oder Fasten interessieren, bekommen heute digitale Unterstützung. Die App des Start-ups Salufast etwa begleitet Fastenwillige beim Heilfasten mit praktischen Anleitungen, erinnert ans Wasser trinken und dokumentiert den Fastenerfolg. Zudem vermittelt sie wichtiges Hintergrundwissen von Unternehmensgründer Prof. Dr. Andreas Michalsen. Als Lehrstuhlinhaber für Naturheilkunde an der Charité hat Michalsen zahlreiche Studien zum Fasten veröffentlicht. Mit Salufast möchte er zusammen mit seinem Kollegen Dr. Nicolas Gros nach eigener Auskunft "jedem Menschen die zahlreichen präventiven und therapeutischen Effekte des Fastens zugänglich machen."

Die Beispiele zeigen: Gesundheits-Apps können Menschen bei der aktiven Selbsthilfe unterstützen. Sie übernehmen also gewissermaßen die Rolle eines Therapeuten oder Lehrmeisters. Oftmals werden praktische Übungen oder Handlungsanleitungen um Hintergrundinformationen ergänzt.

Andere Apps bieten sich als reine Wissensvermittler an. Wer zum Beispiel mehr über Heilpflanzen oder Akupressurpunkte wissen will, kann sich ein entsprechendes Nachschlagewerk aufs Smartphone laden, oder gar mit einer App für die Heilpraktikerprüfung büffeln. Die Pflanzen selber gibt es dann wieder ganz analog im Garten.

Der Markt entwickelt sich weiter

Gesundheits-Apps liegen also auch in der Komplementärmedizin voll im Trend. Dennoch können sie momentan im Grunde nicht mehr als analoge Angebote – außer, dass sie im Gegensatz zu echten Kursen oder Therapeuten leichter zugänglich und immer verfügbar sind. Das gilt für sämtliche Gesundheits-Apps.
Der Markt wird sich nach Ansicht von Prof. Martin Möckel, Sprecher der DGIM-Arbeitsgruppe Digitale Gesundheits-Apps / KI aber weiterentwickeln. Es werde eine zweite Generation Gesundheits-Apps kommen, prophezeit der Experte von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, "die auch mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz den Patienten einen Mehrwert bieten wird, den sie ohne App nicht hätten." Was diese Entwicklung speziell für komplementärmedizinische Apps bedeutet, bleibt abzuwarten. In jedem Fall leisten die meisten davon heute schon einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit von Millionen Menschen, auch wenn keine einzige davon die persönliche Zuwendung durch einen Arzt oder Therapeuten ersetzen kann.

ham

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