5. Mai 2022 - Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat zusammen mit der indischen Regierung den Startschuss für die Eröffnung eines Zentrums für Traditionelle Medizin gegeben. Das Zentrum soll weltweit das erste seiner Art und in Jamnagar im indischen Bundesstaat Gujarat errichtet werden.  

Als Hauptinvestor hat die indische Regierung der WHO rund 250 Millionen US-Dollar zugesagt. Mit diesem Geld sollen Einrichtung, Infrastruktur und der allgemeine Betrieb des Zentrums für mindestens 10 Jahre finanziert werden. Zudem ist, den Angaben der WHO zufolge, für 2024 der Bau eines neuen Gebäudes geplant.  

Im "Global Centre for Traditional Medicine", kurz mit GCTM bezeichnet, soll in Zukunft der Fokus auf Evidenz und Lernen, Daten und Analytik, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit sowie Innovation und Technologie gelegt werden. So solle der Beitrag der traditionellen Medizin zu globaler Gesundheit und nachhaltiger Entwicklung optimiert werden, schreibt die WHO dazu.  

Die Expertinnen und Experten der WHO gehen davon aus, dass rund 80 Prozent der Weltbevölkerung traditionelle Medizin verwenden. "Bis heute haben 170 der insgesamt 194 WHO-Mitgliedstaaten die Anwendung traditioneller Medizin gemeldet", schreibt die Organisation. Zudem hätten Regierungen die WHO um Unterstützung bei der Erstellung einer Basis mit zuverlässigen Daten und Beweisen zu Praktiken und Produkten traditioneller Medizin gebeten. 

Traditionelle Medizin ist anerkannt

"Für viele Millionen Menschen weltweit ist die traditionelle Medizin die erste Anlaufstelle zur Behandlung vieler Krankheiten", sagt Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO. "Die Gewährleistung, dass alle Menschen Zugang zu einer sicheren und wirksamen Behandlung haben, ist eine wesentliche Aufgabe der WHO, und dieses neue Zentrum wird dazu beitragen, die Kraft der Wissenschaft zu nutzen, um auch die Evidenz für die traditionelle Medizin zu stärken. Ich bin der indischen Regierung für ihre Unterstützung dankbar und wir freuen uns darauf, sie zu einem Erfolg zu machen." Denn auch die traditionelle Medizin gewinne in der Welt der modernen Wissenschaft zunehmend an Bedeutung.

Etwa 40 Prozent der heute verwendeten zugelassenen pharmazeutischen Produkte stammten aus natürlichen Substanzen, was die lebenswichtige Bedeutung des Erhalts der Biodiversität und Nachhaltigkeit unterstreicht, betont die Organisation. Beispielsweise stützte sich die Entdeckung von Aspirin auf Formulierungen der traditionellen Medizin, die die Rinde des Weidenbaums verwendeten, die Verhütungspille wurde aus den Wurzeln wilder Yamswurzeln entwickelt, und die Behandlung von Kinderkrebs basierte auf dem rosigen Immergrün. Die mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Forschung zu Artemisinin zur Malariabekämpfung begann mit einer Überprüfung alter chinesischer Medizintexte.