19. November 2021 - Motiviert von der eigenen Leidensgeschichte macht sich Krystian Manthey auf den Weg nach Heilung. Er merkt, dass es für seine chronischen Rückenschmerzen nicht nur die eine Lösung geben kann. Auf diesem Weg kommt er nicht nur ganz zu sich selbst, er will seine Erfahrungen und Erkenntnisse auch mit anderen teilen. So entstand sein Buch: Wa(h)re Gesundheit - Der Gesundheitskompass im Therapie-Dschungel. weil's hilft! hat mit dem Autor und Medizinredakteur gesprochen und nochmal genauer nachgefragt:

Krystian, gab es für dich ein Schlüsselerlebnis, das dich auf den Weg der Heilung gebracht hat?
Krystian Manthey: Das könnte man so sagen. Wir alle sind Suchende und wollen verstehen, wie die Dinge funktionieren. Das ist ein Grundbedürfnis, mit dem wir auf die Welt kommen, um lebensfähig zu werden beziehungsweise zu bleiben. Und wenn der Körper Probleme bereitet, wollen wir auch das verstehen und suchen nach Lösungen. Das war bei mir nicht anders. Ich bin von Arzt zu Arzt und habe jede erdenkliche Untersuchung mitgemacht, weil ich dachte: Da muss ja irgendwas in mir sein, dass man entfernen, verbessern oder irgendwie wieder ganz machen muss. Nur war da bei mir nichts - zumindest nichts, was meine chronischen Schmerzen hätte erklären können. 

Ein erster Hoffnungsschimmer entstand dann in mir, als ich begann regelmäßig Yoga zu machen. Das waren zu Beginn nur kurze fünf Minuten jeden Morgen. Aber das Ergebnis war, dass sich die Schmerzen nicht mehr verschlimmerten und mein Energielevel stieg. Das könnte so ein Schlüsselerlebnis gewesen sein, dass ich merkte: Ich kann was machen, damit es mir besser geht! Und irgendwann kam dann die erste wichtige Erkenntnis, die das, was man in der Schule über die menschliche Biologie lernt, ins rechte Licht rückt: Der moderne Mensch sei das Ergebnis Jahrmillionen langer, gnadenloser Auslese. All unsere Zellen und jeder einzelne Stoffwechselvorgang ist die perfekte Anpassung an unsere Umwelt. 
Die Umwelt, an die unser biochemisches Wunderwerk namens "Körper" angepasst ist, ist nicht die Moderne, in der ein Fingerwisch vom bequemen Sofa reicht, um eine Pizza zu bestellen. Und wir sind auch nicht dafür gemacht, den Stress vom Chef jeden Tag aufs Neue einfach auszusitzen. Ganz im Gegenteil: Wir sind im Wesentlichen noch immer auf die alltäglichen Anforderungen unserer steinzeitlichen Vorfahren angepasst: Viel und variantenreiche Bewegung an der frischen Luft mit viel Sonne, aber auch immer wieder Ruhe und Entspannung, abwechslungsreiche und pflanzenbetonte Nahrung, regelmäßige Zeiten des (damals ungewollten) Fastens, feste Gemeinschaften mit sozialer Interaktion und wenig negativer Stress. 
Der moderne Durchschnittsmensch hingegen bewegt sich wenig und sitzt viel in dunklen Innenräumen, er isst zu viel und unausgewogen und ist immer häufiger einsam. Und das ist besonders problematisch, weil wir nicht nur physische Grundbedürfnisse wie Hunger und Durst haben, sondern eben auch psychische: zum Beispiel nach Verbundenheit und Wachstum. Und das Wissen über all die Zusammenhänge war es dann letztlich, was auch die Motivation in mir geweckt hat, meine persönlichen Ursachen weiterzuerforschen und schrittweise anzugehen.

Wie wichtig ist für dich persönlich das Wissen um die Dinge, die du in deinem Buch zusammengebracht hast?
Ich merke es auch selbst in meiner eigenen Familie, dass Wissen nicht ausreicht. Man braucht ein ganz starkes Motiv und den Willen etwas zu ändern. Und bei vielen kommt der leider erst, wenn es richtig schlimm wird. Das liegt vor allem auch daran, dass es sehr schwer ist, sein gewohntes Leben zu ändern. Das ist auch ganz logisch: Wir Menschen - wie auch jedes andere Lebewesen - sind ja evolutionär aufs Energiesparen getrimmt. Das war überlebenswichtig. Und weil Energiesparen so wichtig ist und unser Gehirn ein absoluter Energiefresser ist, entwickeln wir Gewohnheiten. So müssen wir nicht über Dinge nachdenken, sondern machen sie einfach so, wie es bisher auch irgendwie geklappt hat. Das spart Denkenergie, macht uns eben aber auch krank, wenn wir zu viele - ich nenne es mal gemütliche - Gewohnheiten haben. Deshalb geht es im letzten Kapitel meines Buches auch um Gewohnheiten und wie man den inneren Schweinehund mit ein paar Tricks an die kurze Leine zwingt.

Du verwendest die "Kraft der Worte" und sprichst von Glaubenssätzen, was meinst du damit?
Hierzu würde ich gern von drei absolut verblüffenden Studien erzählen. In der ersten Studie haben Ärzte schwangeren Frauen erzählt, sie bekämen ein wirksames Mittel gegen ihre Übelkeit. Die Schwangeren bewerteten die Wirkung als sehr gut. Tatsächlich aber erhielten sie ein Brechmittel. Die pharmakologische Wirkung wurde allein durch die Kraft der Überzeugung und der Gedanken somit sogar ins Gegenteil verkehrt. In einer weiteren Studie hat man Patienten mit Bluthochdruck Beta Blocker verschrieben. Der einen Gruppe hat man von der möglichen Nebenwirkung über eine erektile Dysfunktion - also der Verlust der Manneskraft - nichts gesagt. Die andere Gruppe wies man explizit auf die mögliche Nebenwirkung ihres Medikaments hin. 3 von 10 Probanden der letzten Gruppe hatten daraufhin Probleme mit ihrer Manneskraft - dreimal häufiger als die Probanden, die nichts über diese Nebenwirkung wussten. In der letzten Studie, die ich erwähnen möchte, geht es auch um die Vorstellungskraft. 14 Tage lang sollten die Probanden ein bestimmtes Training ausschließlich mental absolvieren. Das Ergebnis: 14 Prozent Muskelzuwachs - allein durch die Kraft der Gedanken. Was lernen wir aus diesen Beispielen? Der Körper funktioniert nicht ohne Kopf und umgekehrt. Wenn man Angst vor Krankheiten hat, ist das ein großer Risikofaktor für die tatsächliche Entstehung. Andersherum, wenn ich daran glaube, dass ich gesund werde, steigt auch damit die Wahrscheinlichkeit.

Du bringst immer wieder Zitate in deinem Buch. Was bedeuten solche Sätze für dich?
Albert Einstein hat beispielsweise einmal gesagt: "Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten." Angewendet auf Krankheiten und Beschwerden bedeutet das: Wenn ich immer wieder dasselbe tue und nichts in meinem Leben verändere, kann ich auch nicht erwarten, dass sich mein Wohlbefinden verbessert. Damit sind wir zurück beim Thema Gewohnheiten. Denn sie sind es, die unseren Alltag im Wesentlichen bestimmen. Wollen wir etwas ändern, müssen wir negative Routinen durchbrechen und mit gesunden Ritualen austauschen. Damit unser Vorhaben gelingt und nicht wie fast jeder Neujahrsvorsatz abgebrochen wird, gilt es sich die Erkenntnisse aus der Psychologie und Motivationsforschung zunutze zu machen. Bedeutet: Wenn ich beispielsweise beweglicher werden möchte, sollte ich mir nicht direkt 30 Minuten Yoga oder täglich vornehmen. Stattdessen ist es sinnvoll, klein anzufangen. Zwei Minuten Yoga, aber das dann konsequent, jeden Tag.

Wa(h)re Gesundheit - Der Gesundheitskompass ist mit einem Vorwort von Professor Gerald Hüther bei Kamphausen Media erschienen und kostet 24 Euro.