Ablenkungsdebatte um die Homöopathie: Ausdruck von Mutlosigkeit
Berlin, 18.07.2022
Der Forderung des Vize-Vorsitzenden der FDP, Johannes Vogel, nach einer Streichung von Leistungen der Homöopathie durch die gesetzlichen Krankenkassen widersprechen wir auf das Schärfste. Herr Vogel behauptet, Homöopathie sei "nachweislich wissenschaftlich nicht wirksam" und solle daher zukünftig nicht mehr durch die gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden. Dr. Stefan Schmidt-Troschke, Sprecher der Bürgerkampagne „weil‘s hilft! – Naturmedizin und Schulmedizin gemeinsam“ widerspricht und hält dem Politiker vor, eine Ablenkungsdebatte anzuzetteln:
"Das Gesundheitswesen steht vor grundlegenden strukturellen Herausforderungen. Politik muss nun endlich ihre Hausaufgaben machen und sich trauen, die eigentlichen Probleme anzupacken: Die Gesundheitsberufe, vor allem die Pflege, müssen nachhaltig gestärkt werden, Doppelstrukturen im ambulanten und im stationären Bereich müssen endlich beseitigt werden, die Krankenhäuser regional qualitätsorientiert neu aufgestellt werden, auch um den Preis von weniger Betten", so Schmidt-Troschke. Stattdessen werde jetzt erneut eine Ablenkungsdebatte um Fragen geführt, die praktisch keine Auswirkungen auf die Lösung der Probleme hätten. Die ärztliche Homöopathie wird derzeit im Rahmen von Satzungsleistungen und Selektivverträgen durch die gesetzlichen Krankenkassen vergütet. Ihr Anteil an der Gesamtvergütung ist verschwindend gering.
Es sei scheinheilig, so Schmidt-Troschke, die Homöopathie aus dem Leistungskatalog herauszunehmen, weil sie angeblich nicht wirksam sei. Auf der Basis dieser Argumentation müssten mehr als die Hälfte der durch die gesetzliche Krankenversicherung finanzierten Heil- und Hilfsmittel aus dem Leistungskatalog gestrichen werden: "Die Wirksamkeit vieler konventioneller Medikamente oder von Physio- oder Ergotherapie lassen sich vielfach genauso wenig beweisen und auf einzelne Wirkfaktoren zurückführen. Wenn wir nicht anerkennen, dass es systemische Effekte in der Medizin gibt, die hocheffektiv sind und die wir nur in ihrem Gesamtkontext als wirksam beschreiben können, so wird sich die Gesundheitsversorgung nicht nachhaltig weiter entwickeln können. Vieles an der Homöopathie ist nicht verstanden. Sie deshalb pauschal für unwirksam zu erklären aber ist verfehlt. Es ist davon auszugehen, dass die Homöopathie in erheblichem Maße hilft, Übermedikation in anderen Bereichen der Medizin zu vermeiden", betont Schmidt-Troschke. So gäbe es gute wissenschaftliche Daten dazu, dass Antibiotika deutlich seltener von Patient:innen eingenommen werden, die eine homöopathische Behandlung suchen. Ärztliche Homöopath:innen trügen überdies zu einem schonenderen und nachhaltigen Umgang mit teuren, nebenwirkungsreichen und oft überflüssigen Medikamenten bei und gewährleisteten die Patienten:innensicherheit durch ihre in der Regel fachärztliche Kompetenz.
Die Kampagne "weil´s hilft!", an der sich mehr als 250.000 Bürgerinnen und Bürger beteiligen, wird nicht müde, zu betonen, dass die Patient:innen mit ihren Erfahrungen und ihren Präferenzen mit an den Tisch gehören, wenn es um die Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung geht. Über alle Befragungen hinweg wünschen mehr als 60 Prozent der Menschen eine integrative, ganzheitliche Behandlung auch unter Einschluss der Homöopathie. Diesen Menschen ihre Urteilsfähigkeit rundweg abzusprechen und ihnen damit pauschal zu sagen, dass sie zu dumm seien, festzustellen, was ihnen hilft, hat mit einer Gesundheitsversorgung auf Augenhöhe nichts zu tun.
Die Kampagnen-Partner fordern die Politik dazu auf, endlich die notwendigen Strukturveränderungen im Gesundheitswesen herbeizuführen, die helfen, die Unterversorgung und Überversorgung in den Griff zu bekommen und die Bürgerinnen und Bürger als Beitragszahler:innen endlich aktiv an diesen Maßnahmen zu beteiligen. Die Ablenkungsdebatte über die Kostenübernahme der Homöopathie zeigt hingegen, dass der Mut zur Veränderung fehlt.