16.10.2025. Auf der anstehenden Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) der Grünen soll über den Antrag V-02 abgestimmt werden, der die Erstattung homöopathischer Leistungen durch gesetzliche Krankenkassen beenden will. Für uns ist klar: Dieser Antrag ignoriert wissenschaftliche Evidenz, trifft die eigene Basis und widerspricht grünen Grundwerten von Vielfalt, Selbstbestimmung und Dialog.
Worum geht es?
Der Antrag V-02 mit dem Titel „Keine Erstattung homöopathischer Leistungen durch gesetzliche Krankenkassen – für eine evidenzbasierte Gesundheitspolitik" fordert, dass gesetzliche Krankenkassen künftig keine homöopathischen Behandlungen und Präparate mehr erstatten sollen. Die Begründung: Es gebe keine belastbare Evidenz für eine über den Placeboeffekt hinausgehende Wirksamkeit.
Der Antrag wurde eingereicht vom KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg. Ob es wirklich zur Abstimmung kommt, ist aktuell noch unklar.
Viele Menschen haben uns daraufhin gefragt:
Was bedeutet das genau? Warum wird das Thema überhaupt politisiert? Und was kann ich tun, um mich für Wahlfreiheit in der Medizin einzusetzen?
Darauf haben wir reagiert.
Was wir in der Zwischenzeit angestoßen haben
Wir haben eine umfassende, wissenschaftlich fundierte Replik zum Antrag V-02 erstellt und diese sowohl an den Bundesvorstand der Grünen als auch an die Antragskommission der BDK verschickt. Unsere Forderung ist eindeutig: Den Antrag V-02 nicht zur Abstimmung zu bringen.
In unserer Replik zeigen wir Punkt für Punkt, wo die Begründung des Antrags:
- Fakten ignoriert – 180 randomisierte, placebokontrollierte Studien werden ausgeblendet
- Wissenschaft selektiv interpretiert – Versorgungsforschung und Patient-Reported Outcomes werden nicht berücksichtigt
- Zu falschen Schlussfolgerungen kommt – Die genannten "freiwerdenden Ressourcen" von 8,7 Mio. € entsprechen 0,003 % der GKV-Ausgaben
Zur vollständigen Replik (PDF)
Die Kernpunkte unserer Kritik
1. Die Evidenzlage wird verzerrt dargestellt
Was der Antrag behauptet: Es gebe keine belastbare Evidenz für Homöopathie über Placebo hinaus.
Die Fakten: Das systematische Meta-Review von 2023 in der renommierten Fachzeitschrift Systematic Reviews wertete 180 randomisierte, placebokontrollierte Studien aus. Ergebnis: Alle 5 Meta-Analysen mit Gesamteffekt zeigten signifikant positive Effekte der Homöopathie vs. Placebo.
2. Die "freiwerdenden Ressourcen" sind marginal
Was der Antrag verspricht: Mit den eingesparten Mitteln könnten Pflege, Prävention und Bürokratieabbau finanziert werden.
Die Realität:
- GKV-Gesamtausgaben 2023: 306,4 Mrd. €
- Homöopathie-Ausgaben: 8,7 Mio. € = 0,003 % der Gesamtausgaben
- Das 6.300-fache davon fließt in konventionelle Arzneimittel
Mit 0,003 % lässt sich kein einziges der genannten Probleme lösen. Das ist Symbolpolitik, keine Gesundheitspolitik.
3. Der Antrag widerspricht grünen Grundwerten
- Vielfalt wird eingeschränkt statt gestärkt
- Selbstbestimmung der Patient:innen wird durch politische Vorgaben ersetzt
- Naturnähe und Nachhaltigkeit werden ignoriert, obwohl Homöopathie ressourcenschonend, kostengünstig und nebenwirkungsarm ist
- Wissenschaftlichkeit wird hier selektiv und als Instrument der Abgrenzung, nicht als Grundlage des Dialogs angewendet
Eine erfreuliche Entwicklung
In der Zwischenzeit hat der Gegenantrag „Therapievielfalt im Gesundheitswesen fördern" aus den Reihen der Grünen genügend Mitunterzeichner:innen gefunden und konnte eingereicht werden. Der Antrag steht für eine moderne, integrative Medizin, die Forschung, Freiheit und Verantwortung miteinander verbindet. Dies zeigt: Es gibt innerhalb der Partei erheblichen Widerstand gegen den einseitigen Kurs des Antrags V-02.
Wie es jetzt weitergeht
Wir beobachten die Entwicklungen rund um die BDK genau und sind im Gespräch mit Grünen-Politiker:innen, die für Dialog und Differenzierung eintreten.
Unser Ziel bleibt klar: Wir haben Hoffnung, dass mit der Replik, dem Gegenantrag und den laufenden Gesprächen ein sachlicher Kurswechsel gelingt.
Sollte der Antrag jedoch auf die Tagesordnung der BDK kommen, werden wir gemeinsam mit Bürger:innen, Ärzt:innen und Unterstützer:innen lauter werden: für Wahlfreiheit, Vielfalt und wissenschaftliche Redlichkeit.