22. März 2021 - Gerade noch wird Colchicin als Medikament gegen Covid-19 in den Medien als echter Hoffnungsträger bezeichnet, schon scheint das Mittel nach der Auswertung durch die Recovery-Studie als solches schon wieder aussortiert zu werden.

Zu Unrecht, findet Professor Harald Matthes, Ärztlicher Leiter des Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe, in dem Colchicin bei Covid-19-Patient*innen klinisch angewendet wird - und zwar hochspezifisch vom Übergang des Stadium IIA nach IIB. "Dies ist der Übergang von der immunologischen Abwehr des Virus zur hyperinflammatorischen Phase der Covid-19 Erkrankung", erklärt Matthes im Gespräch mit weils hilft!. "Da wo Dexamethason schulmedizinisch und auch bei uns in Havelhöhe eingesetzt wird, wird unterstützend das Colchicin zusätzlich gegeben, mit gutem klinischem Erfolg im Sinne eines vermehrten Ansprechens des hyperinflammatorischen Syndroms und dessen Rückgang."

Ausschlaggebend für den klinischen Einsatz in Havelhöhe waren die positiven Ergebnisse aus der Praxis. Die Forschenden, die an der COLCORONA-Studie beteiligt waren, erklärten beispielsweise, dass die Einnahme von Colchicin von Tag eins bis drei zweimal täglich 0,5 mg und für weitere vier Wochen einmal täglich die Dosis von 0,5 mg eine deutliche Senkung der Krankenhausaufenthalte sowie die Verminderung von der Verlegung auf Intensivstationen und deutlich geringere Todesraten zur Folge haben.

Ergebnisse in Prozentzahlen

Die Gabe von Colchicin hat der COLCORONA-Untersuchung zufolge Klinikeinweisungen um 25 Prozent verhindert, die Notwendigkeit einer künstlichen Beatmung um 50 Prozent und die Anzahl der Todesfälle um 44 Prozent gesenkt. Colchicin habe das Risiko für Krankenhauseinweisungen oder Tod im Vergleich zu Placebo um 21 Prozent gesenkt, berichten die Forschenden des Montreal Heart Instituts.

Die Recovery-Studie dagegen geht von anderen Daten aus und kommt dementsprechend auch zu anderen Ergebnissen. "In der Recovery Studie haben wir es nicht mit einer systematisch vergleichenden Studie zu tun, sondern mit einem Potpourri von Studienarmen", erklärt der Inernist und Gastroenteorologe. Die ausgewerteten Daten stammen vor allem aus Indonesien und Nepal. Weil Cholchicin auch dort einfach zu bekommen und relativ preiswert ist, galt es als großer Hoffnungsträger. Doch bei der Auswertung der Daten wurde einerseits nur das Outcome gemessen und andererseits keinerlei Rücksicht darauf genommen, zu welchem Zeitpunkt Colchicin zum Einsatz kam.

"Die Recovery-Studie ist völlig unspezifisch zum Krankheitsstadium gegeben worden. Die Immunreaktion im Verlauf der Covid-19 Erkrankung ist völlig unterschiedlich und daher müssen wir in der Integrativen Medizin spezifisch die Arzneimitteltherapie einsetzen", führt Matthes weiter aus.

Colchicin wird auch in der Schulmedizin bei akuter Gichtarthritis angewendet. Dies ist ein starker Hinweis für einen entzündungshemmenden Effekt, wofür auch der Wirkmechanismus von Colchicin spricht. Das Alkaloid der Herbstzeitlosen ist ein Spindelgift und kann die Teilung des Zellkerns hemmen - das wirkt entzündungshemmend. "Leider sind beide Studien nicht sehr differenziert zum Stadium der Covid-19 Erkrankung erfolgt", schließt Matthes seine Ausführungen.