20. Oktober 2021 - Covid-19 verläuft sehr unterschiedlich. Für mehr als die Hälfte der Erkrankten hört die Krankheit auch nach sechs Monaten nicht auf, obwohl sie als Covid-Genesene gelten. Sie leiden unter mindestens einem sogenannten Residualsymptom, haben Forschende der Penn State College of Medicine in einer Meta-Analyse herausgefunden. Die Symptome sind vielfältig und reichen von Atembeschwerden über Geschmacksverlust bis hin zu Konzentrationsstörungen. Sie werden nach einer Covid-19-Erkrankung als PASC (“postacute sequelae of Covid-19“) bezeichnet oder unter dem Begriff Post-Covid" zusammengefasst, sind umgangssprachlich allerdings besser bekannt als "Long Covid"

Das Forscherteam um Vernon Chinchilli wollte wissen, um welche Symptome es sich dabei genau handelt und wie viele Covid-19-Genesene über welchen Zeitraum davon betroffen sind. Dafür überprüften die Forschenden systematische insgesamt 57 Berichte, die die Daten von 250.351 ungeimpften Erwachsenen und Kindern enthielten, bei denen von Dezember 2019 bis März 2021 Covid-19 diagnostiziert wurde. 79 Prozent dieser Menschen musste im Krankenhaus behandelt werden und ebenso viele lebten in Länder mit hohem Einkommen. Das Durchschnittsalter der Patient*innen betrug 54 Jahre, und 56 Prozent war männlich, schreiben die Forschenden in einer Mitteilung der Universität

Zudem wurde in drei Zeitintervallen die Gesundheit von Covid-19-Genesenen angeschaut: kurzfristig, also innerhalb von einem Monat, mittelfristig - innerhalb von zwei bis fünf Monaten und langfristig, nach sechs oder mehr Monaten. Die Forschenden stellten dabei fest, dass mehr als die Hälfte unter mindestens einem PASC litten und diese Zahl auch nach sechs Monaten kaum sank.  

Die Forscher stellten bei der Analyse mehrere Richtungen von Symptomen fest:  

* Allgemeines Wohlbefinden: Mehr als die Hälfte aller Patient*innen klagte über Gewichtsverlust, Müdigkeit, Fieber oder Schmerzen. 

* Mobilität: Etwa jeder Fünfte erlitt einen Rückgang der Mobilität. 

* Neurologische Bedenken: Fast jeder Vierte berichtete über Konzentrationsschwierigkeiten. 

* Psychische Störungen: Bei fast jedem dritten Patienten/Patientin wurde eine generalisierte Angststörung diagnostiziert. 

* Lungenanomalien: Bei sechs von zehn Patientinnen sah man eine Anomalie der Brustbildgebung und mehr als ein Viertel der Patienten klagte über Atembeschwerden. 

* Hauterkrankungen: Fast jeder fünfte Patient/Patientin erlitt Haarausfall oder berichtete über Hautausschläge. 

* Herz-Kreislauf-Probleme: Brustschmerzen und Herzklopfen gehörten zu den am häufigsten gemeldeten Symptomen. 

* Verdauungsprobleme: Magenschmerzen, Appetitlosigkeit, Durchfall und Erbrechen gehörten zu den am häufigsten gemeldeten Erkrankungen. 

Residualsymptome sind auch nach Infektionen mit anderen Viren, wie zum Beispiel Grippe-Viren bekannt. Doch nach einer Infektion mit Sars-CoV-2 scheinen sie insgesamt schwerer zu sein und länger anzuhalten. Warum das so ist, kann bisher nicht mit Sicherheit gesagt werden. 

Chinchilli vermutet angesichts der Ergebnisse, dass dauerhafte Störungen des Immun­systems, eine latente Infektion oder eine erhöhte Produktion von Autoantikörpern eine Rolle spielen könnten. Möglich sei auch, dass sich Sars-CoV-2 dauerhaft im Nervensystem festsetzt. Dies würde die häufigen Symptome des Nervensystems wie Geschmacks- oder Geruchs­störungen, Gedächtnisstörungen und verminderte Aufmerksamkeit und Konzentrationsstörungen erklären.   

Die Ergebnisse der Forschenden zeigen zudem, dass der Kampf gegen Covid-19 bei vielen nicht mit der Genesung von der akuten Infektion endet. Regierungen, Gesundheitsorganisationen und Krankenkassen müssten sich deshalb auf die große Anzahl von Long Covid-Patient*innen vorbereiten, die wegen einer Vielzahl von psychischen und physischen Symptomen zu versorgen seien, so die Forscher, deren Ergebnisse auch im Fachjournal JAMA veröffentlicht wurden.