Ist das gesunde Immunsystem aktiv, dann handelt es sich um ein virtuoses Zusammenspiel vieler verschiedener Prozesse, die ineinander übergehen. Bei diesem kommen eine Reihe von verschiedenen Akteuren zum Zuge, die wegen ihrer verschiedenen Aufgaben hoch spezialisiert sind. "weil's hilft!" stellt im vierten Teil der Immunsystem-Serie die verschiedenen Bestandteile im Blut mal genauer vor. 

Die weißen Blutkörperchen, die im Knochenmark gebildet werden, bestreiten einen Großteil der Abwehrarbeit. Sie werden Leukozyten genannt und kommen in drei unterschiedlich großen Gruppen vor: Mit einem Anteil von 50 bis 70 Prozent nehmen die Granulozyten den größten Teil ein, gefolgt von den Lymphozyten, deren Anteil bei 20 bis 50 Prozent liegt und den Monozyten, die mit 1 bis 6 Prozent vertreten sind. Leukozyten können sich selbstständig im Körper fortbewegen und haben im Gegensatz zu den roten Blutkörperchen sogar einen Zellkern. 

Zu den Leukozyten gehören auch die Lymphozyten. Sie sind die flexibelste Gruppe der Immunzellen und bilden die Grundlage für das erworbene Immunsystem und das sogenannte immunologische Gedächtnis. Jeder gesunde Mensch trägt zirka eine Billion davon im Körper mit sich. Wegen der notwendigen Flexibilität und der vielfältigen Aufgaben bilden Lymphozyten verschiedene Zelloberflächen mit bestimmten Eigenschaften aus. Nur durch diese spezifischen Rezeptoren ist es den Zellen möglich, ihre Angriffsziele zu erkennen und unschädlich zu machen.  

Da jeder Lymphozyt nur eine Art dieses spezifischen Rezeptors auf seiner Oberfläche trägt, kann er auch nur eine bestimmte Art von Eindringling, auch als Antigen bezeichnet, identifizieren. Um bei einem nächsten Angriff möglichst schnell und effektiv reagieren zu können, speichert der Körper eine gewisse Anzahl aller Antigene, die im Organismus bereits vorgekommen sind. Er nimmt diese quasi als Gefangene. Kehrt diese Art der Antigene als Angreifer zurück, dann können entsprechende Lymphozyten millionenfach gebildet und als Abwehrarmee eingesetzt werden.  

Was machen B- und T-Lymphozyten?

B-Lymphozyten reifen im Knochenmark heran und stellen einen Teil der sogenannten humoralen Immunantwort dar. Damit ist die Reaktion des Immunsystems gemeint, die durch nicht-zelluläre Bestandteile von Körperflüssigkeiten vermittelt wird. Ihre Nachfolgerzellen der B-Lymphozyten sind die Plasmazellen. Sie stellen Unmengen von Antikörpern her, die mit dem Blut im Körper transportiert werden können. Als Antikörper werden y-förmige Eiweiße bezeichnet, die sich gezielt an Erreger oder fremde Zellen anhängen können. Durch diese Anhaftungen können die Erreger unschädlich gemacht werden. 

Antikörper werden auch als Immunglobuline bezeichnet. Es gibt verschiedene mit entsprechend verschiedenen Aufgaben. Das mit Immunglobulin A, kurz IgA, bezeichnete kommt beispielsweise auf allen Schleimhäuten im Körper des Menschen vor. Es bekämpft dort Fremdlinge und Krankheitserreger. Immunglobulin M (IgM), wird sofort produziert, wenn Krankheitserreger in den Körper gelangen. Es übernimmt die erste Bekämpfung der Eindringlinge und wird dann im weiteren Verlauf einer Infektion vom Immunglobulin G (IgG), einem hoch spezialisierten Antikörper, abgelöst. 

In Therapien mit Immunglobulinen werden vor allem bei bestimmten Tumoren, Autoimmunkrankheiten und Aids seit einigen Jahren große Hoffnungen gesetzt. Da die Behandlung damit sehr teuer ist, werden sie von Krankenkassen nur selten übernommen. Das führte bisher zu zahlreichen Klagen und Urteilen und wirft weitere ethische Fragen auf.  

T-Lymphozyten reifen im Thymus heran und sind für die zelluläre Immunantwort verantwortlich. Sie greifen Antigene direkt an und vernichten darüber hinaus auch eigene Körperzellen, die von Viren oder Mutationen betroffen sind. T-Zellen machen ungefähr 70 Prozent aller Lymphozyten aus. 

Die Bedeutung von T-Zellen im Körper ist enorm. Ein schwerer Mangel hat den Tod zur Folge, weil Erreger nicht erkannt werden und so schwerste Infektionen entstehen, die für gesunde Menschen eher harmlos sind. T-Zellen steuern zudem das gesamte Immunsystem. Sie interagieren direkt mit anderen Zellen oder verschicken zahlreiche verschiedene Botenstoffe in das Immunsystem, sogenannte Zytokine. Auf diese Weise können sie andere Bestandteile der Immunabwehr, wie zum Beispiel die B-Zellen, aktivieren. 

Falsch programmierte T-Zellen sind die Hauptverursacher von zahlreichen Autoimmunerkrankungen. Sie greifen körpereigene, ungefährliche Zellen an. Normalerweise werden falsch geprägte T-Zellen noch im Thymus oder spätestens nach Verlassen der Thymusdrüse vernichtet. Können falsch programmierte T-Zellen, die auch als autoreaktive T-Zellen bezeichnet werden, nicht schnell genug gestoppt werden, kommt es zu unerwünschten Autoimmunreaktionen. Auch bei schweren Verläufen von Covid-19 ist der sogenannte Zytokinsturm, also die Entgleisung des Immunsystems, eine lebensbedrohliche Komplikation. 

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