05. Mai 2021 - Befunde, Laborwerte, Medikationspläne: Wie schön wäre es, wenn man jederzeit unkompliziert auf diese Daten zugreifen könnte. Mit der elektronischen Patientenakte, kurz als ePA bezeichnet, die in diesem Jahr in mehreren Phasen anläuft, soll das möglich sein. Doch wie funktioniert diese? Wie sicher ist sie? Und wer hat Zugriff auf die Daten? 

Patient*innen haben seit Beginn dieses Jahres die Möglichkeit, die ePA zu nutzen. Dafür müssen sie sich bei ihrer Krankenkasse online registrieren. Durch die Einführung der ePA und die damit verbundene Digitalisierung von Gesundheitsdaten soll eine umfassende Vernetzung im Gesundheitswesen erreicht werden. Dadurch soll beispielsweise die Behandlungsqualität optimiert und Doppeluntersuchungen vermieden werden. Doch das ehrgeizige Projekt von Gesundheitsminister Jens Spahn, das mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz in Kraft tritt, scheint mitten in der Pandemie nicht so richtig in die Gänge zu kommen. Die Nachfrage von Patient*innen ist in den ersten Monaten eher verhalten: Bei der AOK sind,  einem Bericht zufolge, bislang rund 5000 Nutzer dafür registriert. Bei der Techniker Krankenkasse (TK), dem größten Krankenversicherer Deutschlands, sind es rund 100.000 Registrierte. Das entspricht etwa einem Prozent aller bei der TK Versicherten.

Die ePA ist eine App

Um die ePA nutzen zu können, müssen sich Versicherte die dazugehörige App der jeweiligen Krankenkasse aufs Smartphone oder Tablet laden. Dementsprechend ist jede App, die kostenlos von den Versicherungen angeboten wird, anders. Alle Nutzer*innen sollten jedoch von Beginn an die Möglichkeit haben, ihre Befunde, Medikationspläne und andere wichtige Dokumente selbst einzuscannen und in der App unsortiert zu speichern. Diese Daten werden von den Patient*innen selbst verwaltet und die Zugriffsrechte für Ärzt*innen und andere Leistungserbringer aus dem Gesundheitssystem können individuell vergeben werden.

Nach dieser Einführungsphase sollen ab dem zweiten Quartal 2021 nun 200.000 Apotheken, Arzt- und Zahnarztpraxen mit der Digitalisierung ihrer Infrastrukturen unter Einbeziehung der ePA beginnen. Ab dem 01. Juli 2021 soll dann eine flächendeckende Vernetzung stehen. Alle Ärzt*innen sind ab Mitte des Jahres per Gesetz verpflichtet, in ihren Praxen die digitale Infrastruktur samt Nutzung der elektronischen Patientenakte bereitzustellen. Wer das nicht bewerkstelligen kann oder will, dem drohen Honorarkürzungen.

Wie sicher sind die Daten?

Die Sicherheit der Gesundheitsdaten habe oberste Priorität, wird von Entscheidungsträger*innen betont. Die Verwaltung der Gesundheitsdaten per App beispielsweise wird durch eine Zwei-Faktor-Authentifizierung per Freischaltcode sowie Anmeldung mit Benutzername und Passwort abgesichert.

Die Arbeit der Telematikinfrastruktur (TI), die die Leistungsträger im Gesundheitswesen vernetzt und bislang über 2,5 Milliarden Euro gekostet hat, wird von Datenschützer*innen jedoch kritisch beurteilt. Durch bestehende Sicherheitslücken wäre es während des Testbetriebes für Außenstehende leicht gewesen, sich einen Zugriff auf die sensiblen Gesundheitsdaten von Versicherten zu verschaffen, Über einen konkreten Fall berichtete die Tagesschau im Dezember 2020. Diese Sicherheitslücke sollte zwar durch eine gesetzliche Regelung noch geschlossen werden, doch ob das ausreicht, um Gesundheitsdaten wirklich gegen fremde Zugriffe zu schützen, ist noch ungewiss.

Alles an einem Ort gespeichert

Die eigenen Medikationspläne in die ePA hochzuladen, bietet für Patient*innen Vorteile: Die verschiedenen Fachärzt*innen können so mögliche Wechselwirkungen zwischen den verschriebenen Medikamenten leichter erkennen. Außerdem haben Patient*innen selbst den kompletten Überblick über die verordneten Medikamente stets griffbereit.

Weitere Vorteile der Digitalisierung von Versichertendaten sollen erst 2022 zur Verfügung stehen: In den verschiedenen Apps der Versicherungen wird es möglich sein, Organspendeausweis und Patientenverfügung digital zu hinterlegen. Auch der Impfpass soll in Zukunft elektronisch abrufbar sein.

Doch was ist mit Menschen, die weder Tablet noch Smartphone besitzen? Versicherte können in diesem Fall die E-Akte auch schriftlich bei ihrer Krankenkasse anfordern, erklärt die Apotheken-Umschau dazu. Sie könne dann beim nächsten Arztbesuch aktiviert werden, nachdem der Nutzer die Freigabe dafür erteilt hat. Der Zugriff auf die Akte, etwa von zu Hause aus, sei aber nur über eine App möglich. Für viele, vor allem ältere Menschen hat die ePA dann kaum noch einen Mehrwert. Sie könnten sich durch die Digitalisierung ein weiteres Mal hilflos oder abgehängt fühlen. 

Bleibt die Nutzung freiwillig?

Bislang wurde von Entscheidungsträger*innen die freiwillige Teilnahme an der ePA in den Vordergrund gestellt. Doch die Nachfrage der Bürger*innen ist eher verhalten. Das ruft Kritiker*innen auf den Plan, die eine Verpflichtung zur Teilnahme an der ePA fordern: Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) drängt darauf, dass gesetzlich Versicherte die ePA nutzen müssen, berichtet das Deutsche Ärzteblatt.

Wird das umgesetzt, hätten Versicherte nicht mehr die Wahl: Sie müssten dann die App ihrer Krankenkasse nutzen und Gesundheitsdaten dort speichern und verwalten. Dabei ist bisher nicht geklärt, ob das Problem des Datenschutzes gelöst werden konnte. Durch bestehende Sicherheitslücken sind die sensiblen Daten nicht ausreichend vor unbefugten Zugriffen geschützt. Auch die Ausweitung des Zugriffs auf Gesundheitsdaten gesetzlich Versicherter kann nicht in deren Interesse sein. Denn neben Versicherten und Ärzt*innen sollen auch andere Interessensgruppen im Gesundheitssystem auf persönliche Daten zugreifen können. Momentan steht dabei die Freigabe von Gesundheitsdaten zu Forschungswecken im Vordergrund.