Das ist doch mal ein klares Ergebnis: Vier von fünf Erwachsenen in Deutschland würden es begrüßen, wenn die gesetzliche Krankenversicherung auch Leistungen der Naturheilkunde, der anthroposophischen Medizin, der Homöopathie und weiterer Therapiemethoden aus dem Bereich der Naturmedizin bezahlen würde. Nur jeder zehnte lehnt das ab. Das ergab jetzt eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des Zentralvereins homöopathischer Ärzte.

Sie brachte noch ein zweites bemerkenswertes Ergebnis, denn die Meinungsforscher hatten auch die Frage gestellt: „Manche kritisieren, dass in der Medizin die praktischen Erfahrungen von Ärzten und die Wünsche der Patienten deutlich weniger Berücksichtigung finden als die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien. Wie wichtig finden Sie es persönlich, dass in der Medizin Forschungsdaten, praktische Erfahrungen der Ärzte und Wünsche der Patienten zu gleichen Teilen berücksichtigt werden?“ Darauf antwortete fast die Hälfte der Befragten, dass sie das „sehr wichtig“ finde; weitere 44 Prozent sagten, sie fänden es „wichtig“. Nur 6 Prozent gaben an, dies „weniger wichtig“ oder „gar nicht wichtig“ zu finden. Präferenzen und Wünsche von Patient*innen dürfen somit nicht einfach übergangen werden - wie es manche Verlautbarungen in diesen Tagen glauben machen könnten - sondern sind wichtig und müssen in Therapieentscheidungen mit eingehen.

Unterstützt wurde diese Umfrage durch weitere Stimmen: In einem Gespräch mit der ZEIT sprach die Vorsitzende der Krankenkasse BKK VBU, Andrea Galle, klare Worte: „Für uns ist die Erstattung homöopathischer Präparate keine Glaubensfrage, und ich finde, wir tun wirklich sehr schlecht daran, das Thema so dogmatisch zu diskutieren. (…) Sollen wir unseren Kunden das vorenthalten, was gesetzlich möglich ist? Wir wollen niemanden bevormunden.“

Auch die Betriebskrankenkasse der Bahn hält weiterhin daran fest, Homöopathika bis zu einem Betrag von 150 Euro pro Jahr zu erstatten, wie Hanka Knoche vom Vorstand der BKK Bahn in einer Pressemitteilung sagt:  „Wir möchten die Versicherten gerne wählen lassen, auf welche Verfahren sie setzen – auf rein schulmedizinische oder eben (zusätzlich) auf naturheilkundliche. Und dazu gehört auch die Homöopathie. Wir plädieren für ein Nebeneinander beider Ansätze und unterstützen weiterhin die Kunden, die sich für eine homöopathische Behandlung entscheiden.“

Und auch die Große Koalition ist sich durchaus nicht einig in dieser Frage. So wandte sich die Gesundheitsexpertin der CDU, Karin Maag, gegen einen Vorstoß ihres Parteikollegen und Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Erwin Rüddel, der zusammen mit der Gesundheitsexpertin der SPD, Sabine Dittmar, gefordert hatte, dass die Kassen die Kostenübernahme von Homöopathika einstellen. „Auf freiwilliger Basis“ halte sie die Kostenerstattung durchaus für „sehr verträglich“, sagte Karin Maag in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Wer Homöopathie ablehne, könne ja eine Krankenkasse wählen, die eine Erstattung nicht anbiete. Ausgelöst wurde die Debatte durch die Ankündigung der französischen Regierung, ab 2021 homoöpathische Arzneimittel nicht mehr von der Gesetzlichen Krankenversicherung erstatten zu lassen, weil es Zweifel an der Wirksamkeit gäbe. Damit hat sich die Regierung über das Votum von über 1 Million Französinnen und Franzosen hinweggesetzt, die sich ganz klar für die Beibehaltung der Erstattungsfähigkeit ausgesprochen hatten.

Quellen:
aerztezeitung.de, 27. Juni 2019
aerzteblatt.de, 10. Juli 2019
aerzteblatt.de, 12. Juli 2019
Pressemitteilung der BAHN-BKK, 9. Juli 2019
zeit.de, 18. Juli 2019

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