Gesundheit neu zu denken, bedeutet diese als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verstehen. Doch wie kann es gelingen, Gesundheitsförderung als politische Querschnittsaufgabe zu verankern? Das Konzept "Health in All Policies" gibt erste Anhaltspunkte für eine sektorenübergreifende Gesundheitsförderung, die alle Menschen berücksichtigt. Besonderer Fokus liegt hier auf sozialer Gerechtigkeit und Selbsthilfe vor Ort.  

Das Konzept "Health in All Policies"

Gesundheitsförderung wurde lange entweder im medizinischen Bereich oder auf der persönlichen Ebene verortet. Doch die gegenwärtigen Herausforderungen zeigen, dass Gesundheit eine gesellschaftspolitische Aufgabe ist, die in verschiedenen Sektoren verwirklicht werden muss: Die Konsequenzen der Klimakrise und der Umweltverschmutzung tragen ebenso wie soziale Ungerechtigkeiten zur Entstehung und Verschlimmerung von Krankheiten bei. Verschiedene Aspekte des gesellschaftlichen Lebens sind also relevant für Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention. In diesem Zusammenhang hat die WHO ein Konzept erarbeitet, dass Gesundheitsförderung in allen Politikfeldern verankern soll – Health in All Policies. 

Gesundheit als gesellschaftliche Aufgabe basiert in diesem Modell auf sechs Prinzipien:

1.   Chancengleichheit

Gesundheit und Wohlbefinden sind bis heute stark vom sozialen Status abhängig, sodass der Ausbau von Chancengleichheit und die Verankerung sozialer Gerechtigkeit maßgeblichen Einfluss auf die Gesundheitsförderung haben.

 

2. Intersektorales Verständnis

Gesundheit und Krankheit bleiben nicht auf den eng gefassten medizinischen Bereich beschränkt, sondern werden in allen Politikbereichen relevant. Politische Maßnahmen gegen Altersarmut, gegen Wohnungsmangel und zur ökonomischen Sicherung des Lebensunterhalts aller Bürger*innen sowie der Schaffung von gesunden Arbeitsbedingungen sind als Felder in der Gesundheitsfürsorge relevant.

 

3. Nachhaltigkeit und Vernetzung

Die Querschnittsaufgabe "Gesundheitsförderung" gelingt nur, wenn die bislang getrennten politischen Handlungsfelder sich untereinander vernetzen und Entscheidungen gemeinsam treffen. 

 

4. Bedarfsorientierung

Die Erreichbarkeit von Einrichtungen der Gesundheitsversorgung ist ein zentraler Aspekt. Die zunehmende Schließung von Krankenhäusern auf der Grundlage eines profitorientierten Gesundheitswesens führt zu Versorgungsengpässen. Die Eröffnung von Gesundheitszentren, die die Bedürfnisse der Menschen vor Ort berücksichtigen und Ehrenamtliche miteinbeziehen ist ein Ansatz, der eine patientenzentrierte Versorgung ermöglicht.

 

5. Selbstwirksamkeit, Selbsthilfe und Empowerment

Für das Wohlbefinden ist die Erfahrung der Selbstwirksamkeit für jeden Einzelnen wesentlich.  Selbsthilfe und Selbstwirksamkeit können jedoch auch in der Gemeinschaft erfahren werden, wie zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen auf kommunaler Ebene zeigen. Gesundheitsförderung als gemeinschaftliche Aufgabe von Bürger*innen und Politik, aktiviert vorhandene Ressourcen und schafft niedrigschwellige Unterstützungsangebote.

 

6. Salutogenese

Der Perspektivwechsel zur Förderung von Gesundheit statt lediglich der Behandlung von Krankheit ist die Grundlage der Etablierung von Gesundheitsförderung als gesellschaftliche Aufgabe.