10. Mai 2022 - Allergien sind weltweit verbreitet. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass rund ein Drittel der Menschen unter einer oder sogar mehreren Allergien leidet. Hinzu kommt, dass sowohl die Diagnose als auch die Behandlung oftmals Herausforderungen für Mediziner*innen, Therrapeut*innen und Patient*innen darstellen.

Um die eigentlich harmlosen Stoffe, die im Immunsystem von Allergikerinnen und Allergikern Überreaktionen auslösen, zu ermitteln, werden neben Anamnesen normalerweise auch aufwendige Hauttests durchgeführt. Diese können sich für Patientinnen und Patienten unangenehm bis schmerzhaft anfühlen. Zudem bergen sie ein gewisses Risiko, eine allergische Überreaktion auszulösen.

Symptombehandlung und Immuntherapie

Behandelt werden Allergien in der Schulmedizin ausschließlich über die Symptombekämpfung, bei schweren Fällen kommt auch eine Immuntherapie infrage, die auch als Hypo- oder Desensibilisierung bekannt ist. Dabei werden den Patientinnen und Patienten über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren Dosen eines Allergens in zunehmender Konzentration unter die Haut gespritzt. Das Ziel ist, das Immunsystem der Betroffenen zu desensibilisieren. Doch nicht immer ist diese sehr aufwendige Immuntherapie auch erfolgreich. Zudem gibt es derzeit keine zuverlässige Methode, um die Erfolgsaussichten einer solchen Therapie vorherzusagen.

Forschende um Alexander Eggel vom Department for BioMedical Research (DBMR) der Universität Bern und der Universitätsklinik für Rheumatologie und Immunologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, und Thomas Kaufmann vom Institut für Pharmakologie der Universität Bern, haben nun einen Allergie-Test entwickelt, der einerseits die Diagnose stark vereinfacht und andererseits den Erfolg einer Immuntherapie zuverlässig voraussagen kann. Über den neuen Test wurde im Fachjournal "Journal of Allergy and Clinical Immunology" berichtet.

Mastzellen im Visier

Bei der Entwicklung des Tests konzentrierten sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler besonders auf die Mastzellen. Diese spielen bei der Entwicklung einer sogenannten Typ-I-Allergie eine wesentliche Rolle. Der Körper bildet als Reaktion auf die allergieauslösenden Stoffe (Allergene) Antikörper der Klasse Immunoglobulin E (IgE). Diese IgE-Antikörper wiederum werden von IgE-Rezeptoren auf der Oberfläche von spezialisierten Immunzellen im Körper, den Mastzellen, gebunden. Der nächste Kontakt mit denselben Allergenen führt dann zur Aktivierung der Mastzellen und daher zu einer Ausschüttung von Entzündungsmediatoren wie beispielsweise Histamin oder sogenannten Leukotrienen. Diese sind verantwortlich für die allergischen Symptome, unter denen die Betroffenen leiden.

Mithilfe einiger molekularbiologischer Tricks ist es den Forschenden gelungen, eine neue in-vitro-Zellkultur zu entwickeln, aus der sich innerhalb von wenigen Tagen zahlreiche reife Mastzellen generieren lassen. Diese Mastzellen enthalten IgE-Rezeptoren auf ihrer Oberfläche und verhalten sich sehr ähnlich wie die Mastzellen im menschlichen Körper, wenn sie mit IgE und Allergenen in Kontakt kommen.

Antikörper aktivieren Zellen

Beim neuen Test werden dann diese Mastzellen mit Blutserum von Allergikerinnen und Allergikern in Kontakt gebracht - die IgE Antikörper aus dem Serum werden dadurch auf den Zellen gebunden - und danach mit den zu testenden Allergenen stimuliert. Die Aktivierung der Zellen lässt sich dann sehr einfach und schnell mittels sogenannter Durchflusszytometrie quantifizieren.

"Wir waren überrascht und hocherfreut zu sehen, dass sich unsere Mastzellen zu fast 100 Prozent aktivieren lassen. Es gibt unseres Wissens keine vergleichbaren Zelllinien, die sich so gut aktivieren lassen", erklärt Alexander Eggel laut einer Mitteilung der Universität Bern. "Ein weiterer großer Vorteil ist, dass der Test mit Serum funktioniert, welches sehr stabil ist und über lange Zeit gefroren gelagert werden kann, was auch retrospektive Tests und Studien erlaubt. Andere vergleichbare Tests verwenden hingegen Vollblut, welches nicht gelagert und innerhalb von Stunden verarbeitet werden muss."

Weitere Einsatzmöglichkeiten denkbar

Und damit nicht genug: Um eine große Anzahl an Tests durchführen zu können, haben die Forschenden eine spezielle Methode entwickelt, bei der bis zu 36 Konditionen in einem einzigen Teströhrchen gemessen werden können. Das macht das Testen von mehreren Allergenen mit einem Blutserum, oder mehrere Seren auf das gleiche Allergen gleichzeitig möglich. "Eine ausgebildete Person kann mit diesem Verfahren jetzt schon etwa 200 Tests pro Tag durchführen und der Prozess wird weiter optimiert werden", ergänzt Noemi Zbären vom DBMR, die federführend bei der Studie war.

Neben Erstdiagnosen von Allergien versprechen sich die Forschenden weitere große Anwendungsgebiete der neuen Tests. "Wir sind zuversichtlich, dass wir mit unserem Test innerhalb weniger Monate nach Beginn einer Immuntherapie messen können, ob und wie stark die Therapie anschlägt", erklärt Thomas Kaufmann. "Dies wäre eine wichtige Entscheidungshilfe für die behandelnden Allergologinnen und Allergologen, ob es Sinn macht, die Therapie weiterzuführen oder nicht."

Ein weiteres Potenzial für die neue Testmethode liegt den Forschenden zufolge darin, bei klinischen Studien Therapieerfolge und Wirkdauer neuer Allergie-Medikamente verfolgen zu können. Auch bei der Bestimmung möglicher allergischer Reaktionen und bei der Qualitätskontrolle von Lebensmittelprodukten ist der Einsatz des Testes in Zukunft denkbar. Bis der Test für Allergologinnen und Allergologen zur Verfügung steht, wird es jedoch noch einige Zeit dauern. 

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