22. Februar 2022 - Tag und Nacht, Frühling, Sommer, Herbst und Winter: Das Leben auf der Erde folgt gewissen Abläufen. Die immer wiederkehrenden Wechsel von hell und dunkel steuern zahlreiche Prozesse, auch im menschlichen Körper. Dieser als zirkadiane Rhythmus bezeichnete Ablauf beeinflusst alle Lebensabläufe im menschlichen Körper. Und: Er ist genetisch festgelegt. Jede Zelle des Körpers besitzt gewissermaßen ihre eigene innere Uhr.   

Ein exemplarisches Beispiel dafür liefert die Traditionelle Chinesische Medizin mit ihrer Organuhr. In ihr wird dargestellt, wann welches Organ und welcher Meridian (Energielaufbahn) besonders gut arbeiten und mit Energie, dem sogenannten Qi, versorgt werden und wann es Ruhe- und Regenerationszeiten für sie gibt.  

 

Veränderungen während des Tages

In der westlichen Welt beschäftigen sich Chronobiologen mit diesen Abläufen. Auch sie haben bereits festgestellt, dass das Leben mit der inneren Uhr nicht nur das Schlaf-Wach-Verhalten, sondern den gesamten Organismus betrifft. Man weiß, dass sich während eines Tages die Frequenz des Herzschlags mehrmals verändert, die Nieren zu verschiedenen Stunden verschieden viele Ionen und Elektrolyte transportieren und auch in der Leber variiert die Produktion von Zucker- und Fettmolekülen. Cortisol, auch als Stresshormon bekannt ist, wird normalerweise am Morgen am meisten ausgeschüttet. So wird das Wachwerden unterstützt sowie die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit hergestellt. Auch für weitere Faktoren, wie den Stoffwechsel, die Konzentration, den Blutdruck und sogar die Körpertemperatur sind Schwankungen im Laufe eines Tages messbar. 

Auf diese Weise können die Abläufe im menschlichen Körper mit den Anforderungen im Leben optimal aufeinander abgestimmt werden. So viel zur Theorie, denn die Realität sieht für viele Menschen hierzulande anders aus. Vom Wecker aus dem Schlaf gerissen, wird der erste Kaffee schon kurz nachdem Wachwerden getrunken. Weder fit noch wach geht es zur Arbeit und das Mittagstief muss schon ab elf mit noch mehr Koffein und/oder Zucker bekämpft werden. Innere Unruhe und das Gefühl von Stress und Überarbeitung machen sich bis zum Nachmittag breit. Letztlich wird nur noch auf den Feierabend hingefiebert. 

Wer seinen individuellen Tagesrhythmus ständig ignoriert, der hat es nicht nur schwer, sondern setzt auch seine Gesundheit aufs Spiel. Neben Schlafstörungen, Leistungsabfällen, Konzentrationsschwierigkeiten und Verstimmungen können auch Depressionen durch ein langfristiges Leben gegen die innere Uhr entstehen. Das Risiko zu erkranken nimmt zu, denn das Immunsystem kann nicht mehr optimal arbeiten. 

 

Frühaufsteher oder Langschläfer 

Ob eine Party bis tief in die Nacht, Jet Lag nach einem Langstreckenflug oder die nächtliche Betreuung des erkrankten Kindes: Ein kurzfristiges Verstellen der inneren Uhr kann vom Körper gut kompensiert werden. Wer jedoch über einen langen Zeitraum gegen seine innere Uhr lebt, der läuft Gefahr, deshalb zu erkranken. Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder psychische Störungen sind möglich. Dabei ist es ziemlich egal, welcher Chronotyp man ist. Bei dieser Einteilung geht es um verschiedene innere Taktgeber. Ob man ein Früh-, Normal- oder Spättyp ist, ist genetisch festgelegt und man kann es an verschiedenen Parametern ablesen. Die meisten Erwachsenen wissen jedoch aus ihren Erfahrungen, ob sie eher Frühaufsteher oder Langschläfer sind.

Die Gruppe der Normaltypen, mit einem Leistungshoch am Vormittag, ist in der Bevölkerung am größten. Eulen, wie Spättypen auch genannt werden, kommen erst am Nachmittag so richtig in die Gänge. Da sind die Lerchen, also die Frühtypen schon bei ihrem zweiten Leistungshoch. Auch innerhalb dieser Typen gibt es noch eine Reihe von Abstufungen, die vom extremen Früh- bis zum extremen Spättyp reichen. Im Laufe eines Lebens verändern sich die inneren Uhren noch ein wenig. Aus einer Eule lässt sich aber keine Lerche machen. Forschende der Charité haben einen Blut- und Haartest entwickelt, mit dem schnell geklärt werden kann, zu welchem Chronotypen man gehört.  

 

Tägliches Nachjustieren 

Ganz egal, welcher Typ man ist, der Tag der inneren Uhr ist nicht immer 24 Stunden lang. Der biologische Taktgeber sollte deshalb täglich durch den Aufenthalt im Freien nachjustiert werden. Denn das indirekte Sonnenlicht, das vor allem über die Netzhaut der Augen in den Körper eindringt, steuert indirekt die inneren Uhren in den Zellen.

Insgesamt lässt sich mit dem Wissen um den eigenen Typ einiges im Tagesablauf optimieren. Für den Normaltyp gilt beispielsweise: Das Schmerzempfinden ist am Nachmittag am geringsten, genauso ist körperliche Anstrengung oder Training auch am Nachmittag am effektivsten. Auf Nahrungsaufnahme sollte man am späten Abend und in der Nacht besser verzichten, weil der Stoffwechsel heruntergefahren wird. Schwierige Aufgaben, die viel Konzentration abverlangen, sollte man am besten vormittags erledigen.