28. September 2021 - Strenge Bettruhe ist lange Zeit von Medizinern verordnet worden. Sie galt als das Mittel der Wahl bei schweren Erkrankungen. Heute weiß man: Sie kann zusätzlich zur Erkrankung oder auch nach einer Operation zu zahlreichen Komplikationen führen. Auch wenn Bettruhe immer noch für eine Reihe von Erkrankungen, wie beispielsweise bei Fieber oder Grippe angeraten und sinnvoll ist, um schneller wieder auf die Beine zu kommen und Folgeerkrankungen zu vermeiden. Dennoch sollten Ärzte und Patient*innen auch immer die Nebenwirkungen beachten. Wer kann, sollte deshalb lieber öfter aufstehen, um wenigstens kurze Wege in der Wohnung zu gehen. Striktes Liegen schadet nämlich dem Körper auf vielfache Weise. Kreislauf, Lunge und Muskeln verändern sich schon nach kurzer Zeit während einer kompletten Ruhigstellung. Wie genau, beschreiben wir anhand einiger Beispiele: 

Muskeln 

Liegt man mehrere Tage hintereinander, dann wird nichtbeanspruchte Muskulatur im gesamten Körper abgebaut. In Untersuchungen haben Forscher festgestellt, dass nach zehn Tagen Bettruhe durchschnittlich rund ein Drittel der Muskelmasse bei Proband*innen verschwunden war. Dabei leiden die Muskeln in den Beinen stärker unter der Bewegungsarmut als die in den Armen. Liegen führt zudem zu einem erhöhten Thrombose- und Embolierisiko. Bei liegenden Menschen werden deshalb Maßnahmen zur Thomboseprophylaxe angewendet.  

Herz und Kreislauf 

Schon nach ein bis zwei Tagen des Liegens wird es vielen Menschen schwindelig beim Aufstehen. Der Kreislauf wird dann als Ursache genannt. Tatsächlich nimmt der Blutdruck durch das Liegen ab, das bedeutet auch, dass der Körper insgesamt nicht mehr so gut mit Sauerstoff, das über das Blut transportiert wird, versorgt wird. Das Herz versucht diesen Mangel durch die Erhöhung des Pumprhythmus auszugleichen. Schon nach einer Woche Liegen schlägt das Herz bei einigen Menschen rund zehnmal öfter in der Minute als sonst.  

Lunge 

Liegt man mehr als zwei Wochen nimmt auch die Produktion der roten  Blutkörperchen ab. Das hat zur Folge, dass sich der Sauerstofftransport durch den Körper noch einmal verschlechtert. Gleichzeitig verringert sich die Lungenkapazität, was manchmal sogar zu Atemnot führen kann. Auch das Risiko einer Lungenentzündung steigt durch langes liegen. Denn durch striktes Liegen wird die Atmung flacher. Das führt dazu, dass die Lungen schlechter belüftet werden. In vielen Krankenhäusern werden Patient*innen deshalb von Physiotherapeut*innen neben Bewegungen im Bett auch zu Atemübungen angeleitet.  

Knochen 

Bei manchen Menschen kann eine wochenlange Bettruhe sogar zum Knochenabbau führen. Das dabei abgebaute Kalzium wird in diesen Fällen mit dem Urin ausgeschieden. Langfristig kann dieser Prozess zur Bildung von Nierensteine führen. 

Rückenschmerzen 

Gerade durch langes Liegen kann es zu zahlreichen Ungleichgewichten im Körper kommen. Verspannungen, Versteifungen und Verkürzungen sind oftmals die Folgen. Das kann schnell zu Rückenschmerzen führen. Auch wer sich wegen Rückenschmerzen schont, ist nicht immer gut beraten, denn Rückenprobleme verschlimmern sich durch permanentes Liegen oft. Orthopäden raten deshalb in den meisten Fällen eher zu sanfter, aber regelmäßiger Bewegung.  

Prinzipiell gilt: Wer sich krank fühlt, sollte sich schonen, viel schlafen und erholen. Strikte Bettruhe hingegen sollte wegen der Risiken nur nach ärztlicher Anweisung und unter ärztlicher Kontrolle eingehalten werden. Zudem brauchen ältere Menschen danach wesentlich länger, um nach langem Liegen wieder fit zu werden, als jüngere. 

Einige ausgewählte Personen haben sich übrigens für die Wissenschaft viele Tage ins Bett gelegt. Mit den sogenannten BedRest-Studien wollten Forscher*innen herausfinden, wie genau sich der lange Aufenthalt in der Schwerelosigkeit auf Muskulatur und Knochen auswirkt. Die Langzeit-Liegestudien wurden und werden an mehreren Instituten weltweit, auch von der European Space Agentur (ESA) durchgeführt. Mit den Erkenntnissen soll geklärt werden, ob es möglich ist, Menschen zum Mars zu schicken.